Krieg

Nach Großangriff des Iran: Israelis dürfen Bunker wieder verlassen

Der Iran hat am Dienstag mehr als 180 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert, wie das israelische Militär (IDF) berichtet. Zuvor sprach die IDF von mehr als 500 Raketen. Gegen 19.30 Uhr (deutscher Zeit) durften die Israelis wieder die Luftschutzbunker verlassen, sollten aber weiterhin vorsichtig sein und sich an die Anweisungen des Heimatschutzkommandos halten.

Der Chef der Hilfsorganisation Magen David Adom, Eli Bin, gab bekannt, dass ein Gebäude im Norden Tel Avivs direkt getroffen worden sei. Der »Times of Israel« zufolge wurden dabei zwei Menschen durch Schrapnell leicht verletzt. Laut dem TV-Sender »Kanal 11« hätten sich auch mehrere Menschen auf dem Weg in die Luftschutzbunker verletzt.

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Magen David Adom betonte jedoch, dass bislang keine Todesopfer in Israel gemeldet worden seien. Palästinensischen Medien zufolge sei jedoch ein Mann im Westjordanland in Folge des Beschusses getötet worden.

Laut der Tageszeitung »Maariv« wurde auch ein Haus in Tel Scheva getroffen. Es habe zudem mehrere Einschläge in Tel Aviv sowie in Dimona, Nabatim, Hora, Hod Hasharon, Beer Sheva und Rischon LeZion gegeben. Videoaufnahmen des TV-Senders »Kan« zeigten fallende Fragmente von Abfangjägern und Raketen im Toten Meer.

Gegen 19.30 Uhr teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit, dass die Menschen in Israel die Luftschutzbunker verlassen dürfen. Auch der Luftraum über Israel ist wieder offen, und der Betrieb am Flughafen Ben Gurion wurde wiederaufgenommen.

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Die Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) gaben am Abend auf ihrem Telegram-Kanal bekannt, der Raketenangriff sei eine Reaktion auf den »Märtyrertod« von Hamas-Chef Ismail Haniyeh im Juli und Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah vergangene Woche.

Man habe »das Herz der besetzten Gebiete ins Visier genommen«, so die Erklärung. Die Elite-Einheit des Mullah-Regimes warnte, »das zionistische Regime« müsse »mit vernichtenden Angriffen rechnen«, falls es zu einem Gegenschlag innerhalb des Iran ansetze.

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US-Präsident Joe Biden hat unterdessen das amerikanische Militär angewiesen, Israel bei der Verteidigung gegen iranische Angriffe zu unterstützen und Raketen abzuschießen, die auf Israel gerichtet seien. Das teilte das Weiße Haus mit. Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris seien beide im »Situation Room« des Weißen Hauses und erhielten regelmäßige Zusammenfassungen von ihren Sicherheitsberatern. Zuvor hatten die USA vor dem Angriff gewarnt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte in einer ersten Reaktion auf X: »Israel wird in diesen Stunden von Iran mit Raketen angegriffen. Den laufenden Angriff verurteile ich auf das Allerschärfste. Wir haben Iran vor dieser gefährlichen Eskalation eindringlich gewarnt. Iran muss den Angriff sofort einstellen. Er führt die Region weiter an den Abgrund.«

Hagari zufolge könnte der Angriff »weitreichend« sein.

Wie das US-Portal »Axios« berichtet, hatten israelische Regierungsvertreter vermutet, dass der Angriff dem vom April ähneln könnte. Bei der ersten direkten Attacke auf Israel hatte Iran mehr als 300 Raketen und Drohnen abgefeuert. Die Geschosse konnten damals von Israel und einer internationalen Koalition abgefangen werden. Laut Sicherheitsexperten konnte der Angriff im April nur mit großer Mühe abgewendet werden.

Eine westliche Quelle sagte »Axios«, dass der Iran dieses Mal Raketen einsetzen könnte, die Israel innerhalb von zwölf Minuten erreichen würden. Das würde es schwerer machen, die Geschosse abzuwehren.

Verteidigungsminister Yoav Gallant beriet am Abend nach Angaben seines Büros mit Generalstabschef Herzi Halevi und hochrangigen Beamten über die Lage. Halevi kündigte laut einem Bericht der »Times of Israel« eine israelische Reaktion auf den iranischen Angriff an.

Den Zeitpunkt dafür würde die IDF in Abstimmung mit der politischen Führung des Landes wählen und ihre »präzisen und überraschenden Angriffsfähigkeiten unter Beweis stellen«, wurde Halevi zitiert.

Militärsprecher Daniel Hagari sagte nach dem Raketen-Angriff des Iran, die israelische Luftwaffe werde »heute Nacht auch weiterhin im Nahen Osten mit voller Kraft zuschlagen, wie es schon im letzten Jahr der Fall war«.

Netanjahu: »Wir werden zusammen gewinnen«

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bat die Bevölkerung in einer TV-Ansprache darum, den Anweisungen des Heimatfront-Kommandos Folge zu leisten. »Wir werden in diesen herausfordernden Tagen eng zusammenstehen. Wir werden zusammenstehen, zusammen kämpfen und zusammen gewinnen«, so der Regierungschef.

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Und weiter: »Bürger Israels, wir befinden uns mitten in einer Kampagne gegen die Achse des Bösen des Iran. Gestern sagte ich, dass dies Tage großer Erfolge und großer Herausforderungen seien: große Erfolge, weil wir Nasrallah und sein Oberkommando sowie den Plan der Hisbollah, Galiläa zu erobern, ausgeschaltet haben. Wir sind entschlossen, unsere Bewohner im Norden sicher in ihre Häuser zurückzubringen.«

Einschränkungen wegen Raketenterror der Hisbollah

Bereits am Dienstagnachmittag haben die Streitkräfte Israels aus Sicherheitsgründen Einschränkungen für Bewohner diverser Regionen und Städte erlassen. Sie gelten für Jerusalem, Tel Aviv, die Gegend um den Carmel, die Scharon- und Wadi-Regionen und das nördliche Westjordanland.

Grund sind die andauernden Raketenangriffe der Terrororganisation Hisbollah im Libanon, die bis nach Zentral-Israel reichen. Bis Samstag – also nach Rosch Haschana – sollen die neuen Regeln gelten, wie israelische Medien berichten.

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Bildungseinrichtungen an den angegebenen Orten dürfen nur öffnen, wenn sich ein Schutzraum in der Nähe befindet, der schnell erreicht werden kann. Selbiges gilt generell für Arbeitsstätten.

Strände in den betroffenen Regionen sind offiziell geschlossen. Außerdem wurden Zusammenkünfte beschränkt, ähnlich wie während des Beginns der Corona-Krise. Höchstens 30 Menschen dürfen sich im Freien treffen und bis zu 300 in Innenräumen.

Iran will erstmals Hyperschallraketen eingesetzt haben

Bei dem Angriff auf Israel sind nach iranischen Angaben auch erstmals Hyperschallraketen zum Einsatz gekommen. Mit der Rakete vom Typ Fatah-1 sei es den Luftstreitkräften der Revolutionsgarden gelungen, die israelische Luftabwehr zu überwinden, berichtete der staatliche Rundfunk. Die Hyperschallrakete wurde vor 15 Monaten vorgestellt.

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei drohte Israel nach der Raketenattacke. «Die Schläge der Widerstandsfront auf den erschöpften und dem Untergang geweihten Körper des zionistischen Regimes (Israel) werden, mit göttlicher Hilfe und Kraft, noch heftiger werden», schrieb das Staatsoberhaupt (85) auf der Plattform X. Chamenei hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort im Iran. 

Zur sogenannten Widerstandsachse gehören Milizen im Nahen Osten, unter ihnen etwa die schiitische Hisbollah im Libanon oder die Huthi-Rebellen im Jemen. Auch die islamistische Hamas wird von Teheran unterstützt, um Israel zu bekämpfen und auszulöschen.

Das Pentagon warnte den Iran vor weiteren Angriffen gegen Israel. Sollte sich der Iran für einen weiteren Angriff entscheiden, werden man aber darauf vorbereitet sein und entsprechend reagieren, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder.

«Wir hoffen natürlich, dass sie das nicht tun, aber wir müssen natürlich auf diese Möglichkeit vorbereitet sein.» Der Iran sei «zweifellos weiterhin in der Lage» dazu. Zu der Art und Weise möglicher Konsequenzen auf den aktuellen Angriff wollte sich Ryder auf mehrfache Nachfrage nicht äußern. Ob andere Länder außer Israel und den USA an der Abwehr beteiligt gewesen seien, beantworte Ryder ebenfalls nicht.

«Ersten Berichten zufolge war Israel in der Lage, die meisten der ankommenden Raketen abzufangen, und es gab nur minimale Schäden am Boden», sagte Ryder weiter. Er verwies für detaillierte Informationen an Israel. «Aber die erste Einschätzung ist, dass Israel in der Lage war, sich erfolgreich zu verteidigen, natürlich mit der Unterstützung der USA.» In der Region stationierte US-Zerstörer hätten Abfangraketen abgefeuert. Der Iran habe das Ziel gehabt, Zerstörung zu verursachen. 

Vom Ausmaß her sei der Angriff mit Blick auf die ballistischen Raketen «wahrscheinlich doppelt so groß» gewesen wie der Angriff im April, sagte Ryder weiter. 

Israelische Medien veröffentlichten Aufnahmen von mutmaßlichen Schäden infolge der iranischen Raketenangriffe. Auf einem vom israelischen Sender Kan 11 geteilten Video, das in einem Ort Zentralisrael aufgenommen worden sein soll, ist ein mehrere Meter tiefer Krater im Boden zu sehen; Autos rund um den Krater sind mit Erde bedeckt.

Auf Videos in sozialen Medien war zu sehen, wie Raketenteile auf israelische Orte wie Tel Aviv herabfielen. Der israelische Armeesender veröffentlichte ein Foto aus der Beduinenstadt Tel Scheva im Süden Israels, auf dem ein Teil einer meterhohen Rakete zu sehen ist, die senkrecht im Boden steckte.

Jordaniens Streitkräfte sollen erneut bei der Abwehr des iranischen Raketenangriffs auf Israel geholfen haben. Arabische Medien berichteten, Jordanien habe einige Raketen abgefangen, woraufhin Raketenteile im Land niedergegangen seien.

Das Innenministerium erklärte, «mehrere Fragmente von Objekten» seien unter anderem in Amman, in den Orten Balka, Sarka und Madaba in Umgebung der Hauptstadt sowie in Karak weiter südlich niedergegangen. Zwei Menschen seien leicht verletzt worden. ja

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