Nahost

Kommt größerer Krieg zwischen Hisbollah-Terroristen und Israel?

Der amerikanische Vermittler Amos Hochstein mit Verteidigungsminister Joav Galant. (Hinweis: Nicht auf allen Versionen des Bildes sind beide Gesprächspartner zu sehen.) Foto: picture alliance / Anadolu

Die Anzeichen für einen möglicherweise bevorstehenden größeren Krieg zwischen Israel und der libanesischen Terrormiliz Hisbollah nehmen zu. Israels Verteidigungsminister Joav Gallant sagte nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit US-Vermittler Amos Hochstein, der einzige Weg, die Rückkehr geflüchteter israelischer Bürger in ihre Wohnorte im Norden zu gewährleisten, sei »ein militärischer Einsatz«.

Israels Sicherheitskabinett erklärte in der Nacht die Rückkehr der Bewohner zu einem der Ziele des Krieges gegen die mit der Hisbollah verbündete Hamas im Gazastreifen. Israel werde weiter »auf die Umsetzung dieses Ziels« hinarbeiten, teilte das Büro des Ministerpräsidenten mit.

Bisher lauteten Israels Kriegsziele, die militärischen Fähigkeiten und den Regierungsapparat der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu zerstören, alle Geiseln freizubekommen und zu gewährleisten, dass vom Gazastreifen für Israel künftig keine Bedrohung mehr ausgeht.

Hisbollah und Hamas

Die Hisbollah beschießt Israel seit Beginn des Gaza-Krieges vor fast einem Jahr. Sie will die Waffen erst bei Erreichen einer Waffenruhe in Gaza schweigen lassen. Allerdings hat die Hamas, die das Gebiet bisher regierte, entsprechende Vereinbarungen seit November abgelehnt – trotz des militärischen Drucks, den die israelischen Streitkräfte (IDF) ausüben. Offizielles Ziel der Hamas ist eine Vernichtung Israels.

Israel will derweil erreichen, dass sich die Hisbollah wieder in das Gebiet nördlich des Litani-Flusses 30 Kilometer von der Grenze entfernt zurückzieht. Eine UN-Resolution schrieb nach dem letzten großen Krieg mit Israel 2006 vor, dass Hisbollah-Kämpfer sich nicht südlich dieser Linie aufhalten dürfen. Die Terroristen sind jedoch über die Jahre allmählich in das Grenzgebiet zurückgekehrt, während UN-Friedenstruppen ohnmächtig zuschauten.

Der Druck auf Israels rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den zehntausenden israelischen Vertriebenen die Rückkehr in ihre Heimatorte zu ermöglichen, wächst zusehends. Viele Israelis fordern, zu ihrem Schutz die im Jahre 2000 geräumte israelische Sicherheitszone im Süden des Libanons wieder einzurichten.

Wiederbelebung der Gespräche

Die amerikanische Regierung bemüht sich vor diesem Hintergrund um eine Wiederbelebung der Gespräche über eine Waffenruhe in Gaza - auch in der Hoffnung, dass ein Abkommen Israel und der Hisbollah den Weg zu einer Deeskalation ebnen würde. US-Außenminister Antony Blinken reist nun erneut nach Ägypten, um die stockenden Bemühungen für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas voranzutreiben.

Blinken werde dazu ab heute bis Donnerstag Gespräche mit ägyptischen Regierungsvertretern führen, teilte das US-Außenministerium mit. Die USA fungieren zusammen mit Ägypten und Katar als Vermittler zwischen Israel und der Hamas, da diese nicht direkt miteinander verhandeln. Nach Israel wird Blinken Medienberichten zufolge diesmal nicht reisen. Die USA sind der wichtigste Verbündete des jüdischen Staates.

Israels Verteidigungsminister Gallant sagte bei seinem Treffen mit US-Vermittler Hochstein, die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung im Konflikt mit der Hisbollah rücke immer weiter in die Ferne, weil die Terroristen ihr Schicksal mit der Hamas verbunden hätten und sich weigerten, den Konflikt zu beenden.

Gefährliche Folgen

Auch Israels Ministerpräsident Netanjahu sagte bei einem Treffen mit Hochstein, die Einwohner der Grenzregion könnten nicht zurück, »ohne dass es eine grundlegende Veränderung der Sicherheitssituation im Norden gibt«.

Hochstein bemüht sich seit Monaten um eine Deeskalation der brandgefährlichen Lage an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Nach Angaben israelischer und US-amerikanischer Medien warnte Hochstein die israelischen Spitzenpolitiker vor gefährlichen Folgen eines größeren Krieges, der sich auch weiter auf die Region ausweiten könne.

Eine diplomatische Lösung sei »der beste Weg«, um sicherzustellen, dass die Bürger auf beiden Seiten der Grenze in ihre Häuser zurückkehren könnten, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Man werde »weiterhin auf eine diplomatische Lösung drängen«, sagte er. »Wir glauben grundsätzlich, dass dies im Interesse aller Parteien ist.«

Iran und der Terror

Die Hisbollah verfügt dem Vernehmen nach über etwa 150.000 Raketen, Drohnen und Marschflugkörper. Im Vergleich zum letzten offenen Krieg mit Israel 2006 hat sie ihr Arsenal damit etwa um das Zehnfache ausgeweitet und könnte Israel laut Experten deutlich stärker treffen.

Ähnlich wie die Hamas im Gazastreifen hat die Hisbollah im Libanon ein unterirdisches Tunnelsystem aufgebaut, aus dem die Terrororganisation die Kämpfe führen könnte. Befürchtet wird, dass sie täglich Tausende Raketen auf israelische Städte abfeuern und wichtige Infrastruktur ausschalten könnte. Doch nicht nur für Israel, auch für den wirtschaftlich und politisch gebeutelten Libanon hätte solch ein Krieg schwere Folgen.

Der iranische Präsident Massud Peseschkian wirft Israel vor, sein Land in einen regionalen Krieg ziehen zu wollen. Als Grund nannte er die Tötung des Auslandschefs der Hamas, Ismail Hanija, in der iranischen Hauptstadt Teheran vor gut sechs Wochen. Tatsächlich ist es jedoch der Iran selbst, der über seine Stellvertreter Hamas, Hisbollah und die Huthi Terror verbreitet und Kriege verursacht. dpa/ja

Israel

Auf dem Weg ins neue Leben

Ariel und David Cunio sind aus dem Krankenhaus entlassen worden. Gali und Ziv Berman, Maxim Herkin, Yosef Chaim Ohana und Elkana Bohbot ebenfalls

 19.10.2025

Waffenstillstand und Geiselbefreiung

»Papa ist endlich zu Hause«

Die beiden toten Geiseln Ronen Engel und Sonthaya Oakkharasri wurden in der Nacht nach Israel überführt

von Sabine Brandes  19.10.2025

Nahost

Israels Armee wirft Hamas Verstoß gegen Waffenruhe vor

Die Terrororganisation soll mehrere direkte Angriffe gegen israelische Truppen ausgeführt haben

 19.10.2025

Washington

US-Außenministerium warnt vor Angriffsplänen der Hamas

Die USA hätten die Garantiemächte des Gaza-Friedensplans über »glaubwürdige Berichte« informiert, die auf eine Verletzung der bestehenden Waffenruhe hindeuteten

 19.10.2025

Israel

Trauer um Eliyahu Margalit

Am Samstag wurde die Leiche des am 7. Oktober 2023 ermordeten Mannes überführt. Noch immer warten 18 Familien auf die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen

 18.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Petah Tikva

Israel nimmt Abschied von Inbar Hayman

Die junge Frau war die letzte weibliche Geisel in der Gewalt der Hamas. Nach mehr als zwei Jahren der Ungewissheit kann ihre Familie nun Abschied nehmen

von Eva Krafczyk  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts.

von Nicole Dreyfus  17.10.2025

Meinung

Wenn plötzlich vom »Geiselaustausch« die Rede ist

Die Berichterstattung vieler Medien über den Gaza-Deal zeigt einmal mehr, was passiert, wenn journalistische Maßstäbe missachtet werden

von Jacques Abramowicz  17.10.2025