Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich mit Armeechef Eyal Zamir über das weitere Vorgehen im Gaza-Krieg beraten. Zamir habe dem israelischen Regierungschef mögliche Optionen für die Fortsetzung des seit rund 22 Monaten andauernden Kriegs präsentiert, teilte das Büro von Netanjahu mit. Details der Optionen wurden zunächst nicht bekannt.
Am Montag hatten mehrere israelische Medien berichtet, Netanjahu dringe trotz Einwänden der Militärführung auf eine vollständige Einnahme des Gazastreifens. Das Sicherheitskabinett müsste einen solchen Plan jedoch noch billigen.
Netanjahu hat sich bisher nicht öffentlich zu den Plänen geäußert. Der Sender »Kan« meldete aber nach der Beratung mit Zamir, Netanjahu tendiere weiter zur Einnahme des Küstenstreifens. Nach israelischer Einschätzung befinden sich derzeit noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen noch 20 am Leben sein sollen.
Die vollständige Einnahme des Gazastreifens sei jedoch nicht unter den von Zamir dargelegten Optionen gewesen, berichteten israelische Medien. In der von Netanjahus Büro verbreiteten Mitteilung hieß es nun: »Die Armee ist bereit, alle Entscheidungen des Sicherheitskabinetts umzusetzen.«
Netanjahu-Sohn wirft Armeechef »versuchten Militärputsch« vor
Bei den Beratungen soll es zwischen Zamir und Netanjahu zu zum Teil heftigen Auseinandersetzungen gekommen sein, in deren Folge der Ministerpräsident dem Armeechef nahe legte, seinen Hut zu nehmen, falls er der Linie der Regierung nicht folgen wolle. Zamir habe Netanjahu gesagt, die Eroberung von Ganz Gaza sei eine »Falle« für die IDF und hülfe den von der Hamas gefangengehaltenen israelischen Geiseln nicht.
Laut Medienberichten stritten sich die beiden Männer auch über einen Beitrag auf X des Sohnes des Ministerpräsidenten, Yair Netanjahu, der kein Regierungsamt innehat. Dieser hatte Zamir scharf angegriffen und ihm unterstellt, »durch und durch kriminell« zu sein und hinter einer »Rebellion und einem versuchten Militärputsch zu stehen, wie man ihn aus einer Bananenrepublik in Mittelamerika in den 70er Jahren kennt«.
In seinem Unterredung mit dem Ministerpräsidenten wies Zamir diese Anschuldigung zurück. Laut »Kan« sagte er: »Warum greifen Sie mich an? Warum sprechen Sie mitten im Krieg gegen mich?« Netanjahu soll darauf geantwortet haben: »Drohen Sie nicht in den Medien mit Ihrem Rücktritt. Ich kann nicht akzeptieren, dass Sie jedes Mal drohen zu gehen, wenn wir Ihre Pläne nicht akzeptieren. Mein Sohn ist 33 Jahre alt, er ist ein erwachsener Mann.«
Sein Verteidigungsminister Israel Katz nahm den Generalstabschef hingegen gegen die harsche Kritik in Schutz. Katz sagte laut »Times of Israel«: »Ich habe Eyal Zamir für das Amt empfohlen, und der Ministerpräsident und die Regierung haben meine Empfehlung gebilligt.«
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid warnte Netanjahu davor, den gesamten Gazastreifens einzunehmen. »Das, worauf Kabinett und Regierung zusteuern, wird dazu führen, dass alle Geiseln sterben«, schrieb Lapid auf der Plattform X. Sie würden durch Hunger, Schläge, Folter oder eben auch bei Einsätzen des israelischen Militärs ums Leben kommen, fügte er hinzu. dpa/mth