Entscheidung

Endspurt im Rennen der Rabbis

Wahlkarten für die heutige Abstimmung Foto: Flash 90

Alle zehn Jahre werden in Israel die beiden Oberrabbiner bestimmt. Heute Nachmittag ist es wieder so weit: Ein Gremium von 150 Vertretern des religiösen und politischen Lebens kommt in Jerusalem zusammen, um aus insgesamt sieben Kandidaten den aschkenasischen und den sefardischen Oberrabbiner zu wählen – als Nachfolger von Yona Metzger und Shlomo Amar, die seit 2003 im Amt sind.

Das orthodoxe Oberrabbinat mit zwei Führungspersönlichkeiten wurde bereits zu Zeiten des britischen Mandats über Palästina eingerichtet und gilt per Gesetz als höchste halachische Instanz jüdischen Lebens in Israel. Als erste gemeinsame Oberrabbiner wurden 1921 Abraham Isaac Kook und Jacob Meir gewählt. 1947, ein Jahr vor der Gründung Israels, wurde die Zuständigkeit des Oberrabbinats im sogenannten »status quo«-Abkommen zwischen David Ben Gurion und den damaligen religiösen Parteien festgelegt.

Zertifikate Aufgrund dieses Abkommens übt das Oberrabbinat bis heute in Israel eine wichtige juristische Funktion aus, denn die rabbinischen Gerichte sind für sämtliche Fragen im Bereich des Familienrechts wie Eheschließungen, Scheidungen und die Anerkennung von Übertritten zum Judentum zuständig. Zudem erteilen die Oberrabbiner Koscherzertifikate und kontrollieren die heiligen jüdischen Stätten, darunter auch die Mikwaot, Tauchbäder zur spirituellen Reinigung, sowie orthodoxe Jeschiwot, Talmudschulen.

Der heutigen Entscheidung ging ein Wahlkampf mit heftigen persönlichen Angriffen von Rabbinern untereinander voraus. Vor allem an Rabbi David Stav schieden sich die Geister. Stav ist Vorsitzender von »Tzohar«, einer Organisation zionistischer Rabbiner, deren Ziel es ist, das Rabbinat für religiöse wie für weltliche Juden zugänglicher zu machen. Er tritt für eine Reform der einflussreichen Religionsbehörde ein. Stav wird von Teilen der nationalreligiösen Regierungspartei Habajit Hajehudi sowie von der oppositionellen Arbeitspartei favorisiert.

Regierungschef Benjamin Netanjahu soll laut Berichten von »Haaretz« hingegen Rabbiner David Lau unterstützen, den Sohn des früheren aschkenasischen Oberrabbiners Israel Meir Lau. David Lau ist derzeit Oberrabbiner in Modi’in und vermeidet es, sich einem bestimmten religiösen Lager zuzuordnen. Außerdem tritt Yaakov Shapira an, Leiter der einflussreichen nationalreligiösen Merkaz Harav-Jeschiwa.

Einspruch Um das Amt des sefardischen Oberrabbiners, auch »Rishon Le-Zion« genannt, bewerben sich vier Kandidaten, unter ihnen Yitzhak Yosef, der Sohn des geistigen Oberhauptes der ultraorthodoxen Schas-Partei, Rabbiner Owadja Josef, und Leiter der Chason Owadja-Jeschiwa. Außerdem tritt Shmuel Elijahu an, der Rabbiner von Zefat und Sohn des früheren Oberrabbiners Mordechai Elijahu. Noch am Montag hatte das Oberste israelische Gericht einen Einspruch gegen seine Kandidatur zurückgewiesen. Elijahus Kritiker werfen ihm Rassismus vor, weil der Rabbiner den Verkauf von Häusern an Araber für unzulässig erklärt hatte. Ferner kandidieren Zion Boaron, derzeit Richter am Beit Din des Oberrabbinats, und Ratzon Arusi, Rabbiner von Kiryat Ono. ja/mit epd

Kurznachrichten

Hotel, Datteln, Pilger

Meldungen aus Israel

von Sabine Brandes  18.09.2025

Tel Aviv

Israel: Entwicklung von Laser-Abwehrwaffe abgeschlossen

Das Hochleistungs-Lasersystem »Iron Beam« markiert einen Wendepunkt: Präzise, schnell und überraschend günstig. Wie verändert dies Israels Schutz vor Bedrohungen aus feindlichen Ländern der Region?

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Politik

»Geradeaus« mit Gadi Eizenkot

Zu den Gründungsmitgliedern der neuen Partei des früheren Stabschefs gehört auch die Tochter einstiger Hamas-Geiseln

von Sabine Brandes  17.09.2025

Jerusalem

Netanjahu kündigt Treffen mit Trump an, warnt Hamas und kritisiert Katar

Vor seinem Besuch im Weißen Haus will der Ministerpräsident vor den Vereinten Nationen sprechen

 17.09.2025

Nahost

Israelische Armee weitet Offensive aus

Laut Armeesprecher Effie Defrin hat eine Befreiung der in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln höchste Priorität: »Ihre sichere Rückkehr ist der Kern unserer Mission. Sie sind der Grund, warum wir weiterkämpfen.«

 17.09.2025