734 Tage hat es gedauert, 734 lange grausame Tage bis zu diesem Moment der Hoffnung, des Glücks, der Erleichterung. Die Geiseln kommen frei. Endlich!
Immer wieder kommen mir die Tränen. Mir fehlen die Worte. Ich kann es kaum glauben! Sollte es ausgerechnet Präsident Trump tatsächlich gelungen sein, den gordischen Knoten zu zerschlagen? Ich fühle mich mit allen verbunden, die wie ich zwei quälend lange Jahre auf diese Nachricht gewartet haben. Wie viele sind es hier um mich herum?
Meine Gefühle finden in Deutschland wenig Widerhall. Atemlos schaue ich israelisches Fernsehen und sehe dort die Bilder, die mir hier fehlen, die Gebete an der Klagemauer in Jerusalem, den Jubel und die Freude in Tel Aviv. Die Menschen strömen auf den Geiselplatz, sie umarmen sich, sie weinen und lachen und tanzen. Wie gern wäre ich dort.
Auch in Gaza liegen sich Menschen in den Armen und tanzen. Auch dort sehe ich lachende Kinder, aber auch Menschen, die »Allahu Akbar« rufen, und ich hoffe inständig, dass es kein Schlachtruf, sondern Ausdruck von Erleichterung ist für die Aussicht auf ein Leben ohne Krieg und Tod.
Hoffnung auf ein neues Leben, Hoffnung auf Zukunft, Hoffnung auf ein Miteinander. Gaza liegt in Trümmern. Es wird nicht reichen, die Häuser in Gaza wieder aufzubauen und abermals Milliarden unkontrolliert in zutiefst korrupte palästinensische Organisationen zu pumpen in der naiven Erwartung, dass sie diesmal nicht zum Aufbau terroristischer Infrastruktur benutzt werden.
Es gibt auch Menschen, denen das Feiern heute schwerfällt. Da sind jene Familien, für die das Abkommen zu spät kam, Angehörige von Kriegsopfern in Gaza, Angehörige getöteter Geiseln und gefallener Soldaten. Und es gibt auch in Israel Hardliner, die gegen das Abkommen sind. Deshalb muss es jetzt zügig Neuwahlen geben, um aus diesem glücklichen Moment einen historischen Wendepunkt zu machen.
Es gibt noch so viele Möglichkeiten des Scheiterns. All das weiß ich, aber daran will ich jetzt nicht denken in diesem Moment der Hoffnung. »Glauben Sie, dass sie eines Tages glücklich sein werden?« wird Eli Sharabi kurz nach seiner Freilassung aus 491 Tagen Geiselhaft in einem Gespräch gefragt, das Phoenix jetzt am 7. Oktober erstmals in Deutschland zeigte.
»Ich bin nicht zornig«, sagt der Mann, dessen Frau und Töchter die Hamas ermordet hat. Er sei mit Glück gesegnet, so viele Jahre mit seiner Frau Lianne und ihren wunderbaren Töchtern gehabt zu haben. »Ich bin mit Glück gesegnet, dass sie mich nicht getötet haben.«
»Am Israel Chai« singen die Menschen in Israel auf dem Platz, der jetzt in »Platz der Befreiten« umgetauft werden soll. Das Volk Israel lebt, weil es das Leben feiert, nicht den Tod.
Die Autorin ist Journalistin, Preisträgerin der Buber-Rosenzweig-Medaille und lebt in Frankfurt.