Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Bundeskanzler Merz machte am Nachmittag zunächst Station in der jordanischen Stadt Akaba am Roten Meer und flog anschließend weiter nach Israel. Foto: picture alliance/dpa

Zum Auftakt seiner zweitägigen Nahost-Reise hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Fortschritte im Friedensprozess für Gaza angemahnt. »Wir teilen die Erleichterung, dass sich der Waffenstillstand in Gaza seit nunmehr zwei Monaten stabilisiert. Nun muss aber auch der Einstieg in die zweite Phase gelingen«, forderte der Kanzler nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Akaba. »Dazu gehört, dass wir dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen.« 

Dazu zähle aber auch, dass sich die nach wie vor prekäre humanitäre Lage der Zivilbevölkerung in Gazas schnell und spürbar bessere, betonte Merz. »Vor dem Winter braucht es mehr humanitäre Hilfe.«

Merz machte am Nachmittag zunächst Station in der jordanischen Stadt Akaba am Roten Meer und flog anschließend weiter nach Israel. In Jerusalem traf er am Abend Präsident Isaac Herzog, am Sonntag will der Kanzler Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treffen.

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Merz richtete von Akaba aus auch mahnende Worte an Israel. Die Lage im Westjordanland dürfe nicht aus dem Blick geraten, sagte er. »Wir müssen den Weg zur palästinensischen Staatlichkeit offenhalten. Deshalb darf es keine Annexionsschritte im Westjordanland geben.«

Ultrarechte Mitglieder der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu machen sich seit langem für eine Annexion des Westjordanlands stark. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil eines künftigen unabhängigen Staates.

»Wir wollen helfen, ein Fundament zu legen für eine neue Ordnung im gesamten Mittleren und Nahen Osten«, sagte Merz. Es müsse eine Ordnung sein, in der Israelis, Palästinenser und die arabischen Nachbarn dauerhaft in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben könnten. Merz bekräftigte, Deutschland trete für eine Zweistaatenlösung ein. Verhandlungen darüber sollten bald beginnen. Darüber werde er mit Netanjahu sprechen. 

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Merz wird in Jerusalem auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchen und der sechs Millionen während der Nazi-Diktatur ermordeten Juden gedenken - ein Programmpunkt, der zu jedem Antrittsbesuch eines deutschen Kanzlers oder einer Kanzlerin in Israel gehört. Außerdem trifft er sich mit freigelassenen Geiseln der Hamas und Hinterbliebenen von Geiseln, die in Gefangenschaft getötet wurden oder umgekommen sind.

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche des Kanzlers, aber auch einer der schwierigsten. Er erfolgt vergleichsweise spät: Merz‘ Vorgänger Olaf Scholz (SPD) war drei Monate nach seiner Vereidigung in Israel, Angela Merkel nach gut zwei Monaten. 

Merz hat sich nun sieben Monate Zeit gelassen. Die Verzögerung liegt daran, dass wegen des Gaza-Kriegs ein Besuch lange Zeit als undenkbar galt. Seit 10. Oktober gibt es nun aber eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. 

Neben dem Nahost-Friedensprozess dürften auch die zuletzt turbulenten deutsch-israelischen Beziehungen eine größere Rolle in den Gesprächen in Jerusalem spielen.

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Ein Teil-Embargo für die deutschen Rüstungsexporte hatte die deutsch-israelischen Beziehungen zuletzt schwer belastet. Am 8. August hatte Merz angeordnet, dass vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr genehmigt werden, die im Gaza-Krieg verwendet werden können. Nun hofft Israel wieder auf verstärkte Rüstungslieferungen aus Deutschland - unter anderem auf Getriebe für seine Merkava-Panzer.

Interessant wird sein, wie sich Merz zu dem von Merkel geprägten Grundsatz verhält, dass die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson zähle. »Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar«, hatte Merkel 2008 in einer Rede im israelischen Parlament gesagt. »Und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.« 

Merz hatte sich zuletzt vom Begriff der Staatsräson distanziert, auch wenn er sich wie Merkel und andere Vorgänger der Sicherheit Israels verpflichtet fühlt.

Merz dürfte auch die wachsende Sorge in Israel vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland ansprechen. Der israelische Botschafter Ron Prosor hatte zuletzt vor allem vor linkem Antisemitismus gewarnt. Dieser sei gefährlicher als der von rechts und gefährlicher als der islamistische Antisemitismus, »weil er seine Absichten verschleiert«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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Die vielleicht schwierigste Frage für Merz wird sein, ob er Netanjahu trotz eines internationalen Haftbefehls nach Deutschland einladen wird. Noch kurz nach seinem Amtsantritt hatte er seine Bereitschaft erklärt, ihm einen Besuch zu ermöglichen. »Grundsätzlich muss ein israelischer Premierminister nach Deutschland reisen können«, sagte er Mitte Mai.

Und weiter: »Er ist ein demokratisch gewählter Ministerpräsident der einzigen Demokratie der gesamten Region. Dieser Ministerpräsident muss grundsätzlich nach Deutschland reisen können. Wie wir das ermöglichen, wenn es denn geplant werden sollte, darüber werden wir Sie dann rechtzeitig informieren.« dpa/ja

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