Justiz

Debatte um Regierungsbildung

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs in Israel, Esther Hayut. Foto: Flash 90

Der Oberste Gerichtshof hat darüber debattiert, ob ein Premierminister unter Anklage eine Regierung bilden kann. Die Entscheidung könnte für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vom Likud schwerwiegende Folgen für seine politische Zukunft haben, vor allem im Hinblick auf die dritten Parlamentswahlen, die am 2. März stattfinden. Eine Entscheidung gab es noch nicht.

Eine Gruppe von bekannten israelischen Intellektuellen und Geschäftsleuten hatte die Petition eingebracht. Dabei ging es zunächst lediglich um die Frage, ob Generalstaatsanwalt und Gerichtshof dieses Anliegen überhaupt diskutieren sollten, machte die Präsidentin des Gerichtshofs, Esther Hayut, deutlich. Außerdem gehören dem Panel die Richter Hanan Melcer und Uzi Vogelman an.

Petition Anwältin Dafna Holtz-Lachner, die die Einbringer der Petition vertritt, erläuterte, dass die derzeitige Rechtsprechung lediglich für einen amtierenden Premierminister gelte und nicht für einen Knessetabgeordneten, der eine Wiederwahl anstrebt. Dabei gehe es ihrer Meinung nach im Fall Netanjahus jedoch.

Auch wenn dieser per Gesetz nicht aufgefordert werden könne, zurückzutreten, so solle das Gericht dennoch entscheiden, ob er als Interims-Regierungschef überhaupt eine Koalition bilden dürfe. Denn das Gesetz fordert eindeutig, dass Minister unter Anklage zurücktreten müssen. Seit Dezember 2018 gibt es in Israel lediglich vorübergehende Regierungen.

Staatsanwalt Avichai Mandelblit hatte schon vor Beratung des Gerichtshofs erklärt, dass er keine juristische Einschätzung abgeben wolle.

»Es geht hier nicht um die Politik, sondern um das Gesetz«, so Holtz-Lachner. »Die Rolle der Judikative muss sicherstellen, dass die Menschen Menschen wählen, die sich um das Gute der Menschen sorgen. Die Demokratie muss verteidigt werden. Wir haben gesehen, wie der Betreffende die Gesetzesbehörden bereits attackiert hat.«

Einschätzung Staatsanwalt Avichai Mandelblit hatte schon vor der Beratung des Gerichtshofs erklärte, dass er keine juristische Einschätzung abgeben wolle, solange nicht entschieden ist, ob die Richter diese Petition überhaupt diskutieren werden.

Derweil sieht es immer mehr so aus, als wolle Netanjahu in der Knesset um Immunität vor Strafverfolgung bitten. Auf einer Veranstaltung seiner Partei ließ er durchblicken: »Nach Immunität zu fragen, ist nicht anti-demokratisch, sondern einer der Eckpfeiler der Demokratie« und habe nichts damit zu tun, dass er einem Verfahren aus dem Weg gehen wolle. Er fügte hinzu, dass er in den nächsten Tagen seine Entscheidung dazu verkünden werde. Bis Mittwoch muss er den Antrag an Knessetsprecher Yuli Edelstein gestellt haben.

Ob er die parlamentarische Mehrheit für das Ansinnen erhält und ihm der Schutz vor den Gerichten tatsächlich gewährt wird, ist indes nicht klar. Denn nicht nur die politischen Gegner aus den Zentrums- und Linksparteien, sondern sogar einige Verbündete sehen diese Möglichkeit als problematisch an.

»Netanjahus Immunitätsbitte würde Betrug und Vertrauensbruch umfassen«, warnt Yair Lapid.

Yair Lapid, die Nummer zwei der Zentrumsunion Blau-Weiß, äußerte sich zu diesem Thema am Dienstag in den sozialen Netzwerken: »Netanjahu hat seine Wähler dreist belogen«, schrieb er. Zuvor hatte Netanjahu stets betont, keine Immunität in Erwägung zu ziehen, in einem Fernsehinterview in Kanal 12 hatte er sogar deutlich gemacht: »Auf keinen Fall!«

»Netanjahus Immunitätsbitte würde Betrug und Vertrauensbruch umfassen«, so Lapid. »Diese Lüge hat ihm geholfen, das Land in eine völlige politische Lähmung zu zerren, die schon mehr als ein Jahr andauert«, warnte Lapid. »Doch wir werden dies nicht zulassen. Wir werden der Verteidigungsschild für Israels Demokratie sein.«

Andrea Kiewel

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