Krieg gegen die Hamas

Biden nennt Vorgehen der israelischen Armee »unverhältnismäßig«

US-Präsident Joe Biden Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen hat US-Präsident Joe Biden seinen Ton gegenüber der israelischen Regierung verschärft und das Vorgehen der Streitkräfte gegen die islamistische Hamas als unverhältnismäßig bezeichnet. »Ich bin der Ansicht, dass das Vorgehen bei der Reaktion im Gazastreifen überzogen ist«, sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) im Weißen Haus. Es gebe viele unschuldige Menschen, die hungerten, in Not seien oder gar ums Leben kämen. »Das muss aufhören.«

US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Tag zuvor bei einem Besuch in Israel auffallend kritische Töne angeschlagen und die israelische Führung eindringlich ermahnt, im Gaza-Krieg mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die Entmenschlichung, die Israel bei dem Massaker durch die Hamas im Oktober erlebt habe, könne »kein Freibrief« sein, um selbst andere zu entmenschlichen, sagte Blinken. Die täglichen Opfer, die die Militäroperationen der unschuldigen Zivilbevölkerung abverlangten, seien »immer noch zu hoch«. 

Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas in Israel ein verheerendes Massaker vor allem an Zivilisten angerichtet. Rund 1200 Menschen wurden ermordet, mehr als 250 in den Gazastreifen entführt. Seitdem führt Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg und die desaströsen Lebensbedingungen der palästinensischen Zivilbevölkerung haben international scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst. 

UN fürchten humanitäre Katastrophe bei israelischem Angriff auf Rafah

Angesichts der Berichte über eine angeblich bevorstehende israelische Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region. »Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens ist nun in Rafah zusammengepfercht und kann nirgendwo anders hin. Berichte, wonach das israelische Militär als nächstes Rafah angreifen will, sind alarmierend«, schrieb Guterres auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter. »Eine solche Aktion würde den humanitären Albtraum noch weiter verschärfen und könnte ungeahnte Konsequenzen für die gesamte Region haben.« Auch die US-Regierung warnte vor einer großangelegten Offensive. »Wir glauben, dass eine Militäroperation zum jetzigen Zeitpunkt eine Katastrophe für diese Menschen wäre«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. »Wir würden das nicht unterstützen.«

Demonstrationen in Israel zu möglichem Geisel-Abkommen mit der Hamas

Unterdessen haben in Israel etliche Menschen für und gegen ein mögliches Geisel-Abkommen mit der Hamas demonstriert. In Jerusalem protestierten Tausende gegen Verhandlungen mit Israels Feinden und für eine Fortsetzung des Gaza-Kriegs, wie mehrere israelische Medien berichteten. In Tel Aviv protestierten demnach zur gleichen Zeit Hunderte Menschen für einen Deal, um die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Das israelische Kriegskabinett traf sich am Donnerstagabend, um über ein mögliches Abkommen mit der Hamas zu sprechen. Demonstranten warfen dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu vor, sein politisches Überleben wichtiger zu nehmen als das Schicksal der Geiseln. Netanjahus rechtsextreme Koalitionsmitglieder drohen derweil, die Regierungskoalition platzen zu lassen, sollte der Ministerpräsident im Rahmen eines Geisel-Deals Zugeständnisse an die Hamas machen.

Bericht: Kontakt zu Hamas-Chef Sinwar soll abgebrochen sein

Hochrangige Hamas-Mitglieder sollen einem israelischen Medienbericht zufolge bereits seit mehreren Wochen keinen Kontakt mehr zum Anführer der Islamistenorganisation im Gazastreifen haben. Jihia al-Sinwar sei auch nicht an der kürzlich an Israel übermittelten Antwort der Hamas auf einen internationalen Vermittlungsvorschlag für ein Geisel-Abkommen beteiligt gewesen, berichtete der israelische Sender Kan. Demnach fürchtet Sinwar, sein Versteck im Gazastreifen könne durch Überwachung etwaiger Kommunikation entdeckt werden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

EU-Militäreinsatz: Operationsgebiet soll auch Meer vor Iran umfassen

Der kurz vor dem Beginn stehende EU-Marineeinsatz im Nahen Osten könnte Handelsschiffe auch vor möglichen Bedrohungen aus dem Iran schützen. Wie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus dem Beschluss für die Operation Aspides hervorgeht, sollen europäische Kriegsschiffe nicht nur im Roten Meer und im Golf von Aden, sondern auch in der Straße von Hormus sowie im Persischen Golf und im Golf von Oman zur Begleitung von Handelsschiffen eingesetzt werden können. All diese drei Seegebiete liegen vor der Küste des Irans. Vorrangiges Ziel des EU-Einsatzes ist es, Handelsschiffe vor Angriffen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen zu schützen.

Israels Armee greift Hisbollah-Kommandeur im Libanon an

Die israelischen Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge einen hochrangigen Kommandeur der Hisbollah im Südlibanon aus der Luft angegriffen. Dies sei eine Reaktion auf Raketenstarts aus dem Libanon Richtung Israel gewesen, an denen dieser laut Militär beteiligt gewesen sein soll, teilte die Armee mit. Die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz meldete mehrere Verletzte durch den israelischen Luftangriff. Eine Person befinde sich in »kritischem Zustand«. Eine israelische Drohne habe in der Stadt Nabatieh ein Auto direkt getroffen, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. In dem Wagen hätten zwei Menschen gesessen.

Was am Freitag wichtig wird

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt in Washington mit US-Präsident Joe Biden zusammen. Dort wird es neben dem Krieg in der Ukraine auch um die Lage im Nahen Osten gehen. Scholz und Biden dürften bei ihrem Gespräch den Blick in die Zukunft richten: Wie geht es nach dem Gaza-Krieg weiter mit Israel und den Palästinensern? Beide befürworten eine Zwei-Staaten-Lösung. Aber welcher Weg dahin führen könnte, ist derzeit völlig unklar. dpa/ja

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