Pinneberg

Wolfgang Seibert tritt zurück

Wolfgang Seibert war seit 2003 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg. Foto: ddp

Wolfgang Seibert ist als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Pinneberg zurückgetreten. Das teilte der Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein in einer kurzen Pressemitteilung mit.

»Wolfgang Seibert will nicht, dass die Gemeinde, die er mit so viel Herzblut aufgebaut hat, beschädigt wird«, erklärte Walter Blender, Vorsitzender des Landesverbandes. Beide Seiten haben sich nach Angaben des Landesverbandes einvernehmlich auf einen Rücktritt geeinigt.

Prüfung Zugleich betonte Walter Blender, dass der Vorwurf des »Spiegel« (Ausgabe vom 20. Oktober), Seibert habe sich eine jüdische Identität erschwindelt, falsch sei. »Wir haben das als Landesverband gewissenhaft geprüft«, sagte Blender dem »Hamburger Abendblatt«. Es liege eine Bescheinigung vor, die amtlich bestätigt sei.

Nach Recherchen des Magazins »Spiegel« sei Seibert weder gebürtiger noch konvertierter Jude. Demnach kam er am 16. August 1947 als Sohn evangelischer Eltern in Frankfurt am Main zur Welt und wurde drei Tage später getauft. Auch seine Großeltern seien evangelisch gewesen.

Seiberts Behauptung, seine Großmutter Anna Katharina Schmidt (geborene Marx) sei Auschwitz-Überlebende, könne nicht stimmen, weil schon ihr Großvater evangelisch gewesen sei. Darüber hinaus schreibt der »Spiegel«, Seibert sei mehrfach wegen Betrugs und Unterschlagung vorbestraft.

»überzogen« Zu den Vorwürfen erklärte nun Wolfgang Seiberts Anwalt, Alexander Hoffmann: »Vor, seit und nach seiner Mitgliedschaft in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt lebte Herr Seibert jüdisch, einen Religionswechsel oder eine andersartige religiöse Orientierung hat es nie gegeben.«

Der Anwalt räumt ein, dass Seibert »in einigen Punkten, Vorträgen, öffentlichen Stellungnahmen oder Darstellungen« überzogen und »Einzelpersonen« beleidigt habe. »Dafür möchte sich Herr Seibert hiermit entschuldigen«.

Seibert selbst werde keine eigene öffentliche Erklärung zu den Vorwürfen abgeben, teilte der Anwalt mit. »Es besteht kein Interesse an einer öffentlich geführten Debatte über die Frage, wer legitimes Mitglied einer jüdischen Gemeinde sein darf und wer nicht.«

Gelder Seiberts Anwalt wies zudem den Vorwurf zurück, dass der langjährige Gemeindechef Gelder der Gemeinde unterschlagen haben könnte. Seibert habe keinerlei Zugriff auf Mittel des Landesverbands, so der Anwalt. Auch habe es nie Beanstandungen mit Blick auf die Kasse der Jüdischen Gemeinde Pinneberg gegeben.

Seibert war seit 2003 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg. Er ist Vertreter des liberalen Judentums und prominenter Förderer des interreligiösen Dialogs. Vor zwei Jahren schloss die Pinneberger Gemeinde den bundesweit ersten christlich-jüdischen Partnerschaftsvertrag mit der evangelischen Jerusalem-Gemeinde in Hamburg-Eimsbüttel. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Seibert auch, als seine Gemeinde im Sommer 2014 einem muslimischen Flüchtling »Kirchenasyl« gewährte. epd/ja

Porträt der Woche

Familie, Glaube, Neubeginn

Edouard Joukov stammt aus Russland und fand seinen Platz in der Ulmer Gemeinde

von Brigitte Jähnigen  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Mitzvah Day

Grünes Licht

Jüdische Gemeinden und Gruppen gestalteten deutschlandweit den Tag der guten Taten

von Katrin Richter  27.11.2025

Düsseldorf

Cooler Kick

Beim Ilan Fiorentino Cup kamen im Gedenken an Spieler aus dem Kibbuz Nahal Oz Israelis, Exil-Iraner und das NRW-Landtagsteam zu einem Freundschaftsturnier zusammen

von Jan Popp-Sewing  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Berlin

Es braucht nur Mut

Das Netzwerk ELNET hat zwei Projekte und einen Journalisten für ihr Engagement gegen Antisemitismus ausgezeichnet. Auch einen Ehrenpreis gab es

von Katrin Richter  26.11.2025

Feiertage

Chanukka-Geschenke für Kinder: Augen auf beim Kauf

Gaming-Konsole, Teddybär oder Carrera-Bahn - Spielzeug dürfte bei vielen Kindern auf dem Wunschzettel stehen. Worauf zu achten ist - und wann schon der Geruch stutzig machen sollte

 26.11.2025