EMG 2015

Wir fahren nach Berlin

Anbaden: Makkabi-Athleten machen sich in Duisburg schon mal frisch. Foto: Rafael Herlich

Das Thema beherrscht seit Wochen die Gespräche in den Gemeinden, Jugendzentren und Synagogen – je näher der Termin für die European Maccabi Games (EMG) rückt, umso mehr wächst die Vorfreude. 37 Ortsvereine gibt es derzeit unter dem Dach von Makkabi Deutschland – so gut wie alle haben seit Januar Flyer, Broschüren und Plakate in den Gemeindezentren verteilt. »Die Infos wurden uns geradezu aus der Hand gerissen«, erzählt Heinz Nossen, Vorsitzender von TuS Bar Kochba Nürnberg. Auch in der Synagoge sei die bevorstehende Fahrt nach Berlin Topthema beim Kiddusch.

Aus Nürnberg fahren 80 EMG-Begeisterte nach Berlin: 60 Jugendliche vom Jugendzentrum (Juze) und 20 Gemeindemitglieder. »Als wir das Angebot vom Zentralrat bekamen, sind wir sofort aktiv geworden«, erzählt Juze-Leiter German Djanatliev: Der Zentralrat übernimmt einen Großteil der Kosten für Fahrt und Eintritt, die Gemeinde bezuschusst die Übernachtung. »Jeder Teilnehmer zahlt so nur 20 Euro – wir hatten daraufhin mehr als 150 Anmeldungen«, sagt Djanatliev. Der Bus nach Berlin sei voll.

aufschwung »Es gibt keine Plätze mehr – wer hätte das gedacht«, sagt Nossen anerkennend. Noch vor 20 Jahren war er das einzige jüdische Mitglied bei TuS Bar Kochba. Mittlerweile ist die Zahl der Gemeindemitglieder von 230 auf das Zehnfache angewachsen – dank der Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion.

Dieser Aufschwung jüdischen Lebens mache sich auch im Sport bemerkbar, meint Ariel Keselmann. Als Repräsentant von Makkabi Deutschland ist der Dortmunder Makkabi-Chef für die Kontaktpflege mit den Ortsvereinen zuständig, die vorwiegend aus russischsprachigen Mitgliedern bestehen. »Fast die Hälfte unseres 380-köpfigen EMG-Teams hat Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion«, sagt der 63-Jährige.

Seit Dezember 2014 sei keine Präsidiumssitzung ohne EMG-Planung vergangen. Allein aus seinem Heimatverein reisen etwa 50 Personen an. »Die Leute sind begeistert«, schwärmt der Makkabi-Mann. Sie fahren nach Berlin, um ihre Fußballerinnen, Schachspieler und Schwimmer anzufeuern, vor allem aber, um den einen besonderen Moment mitzuerleben: die Eröffnung in der Berliner Waldbühne. »Jeden Tag fragen sie: Welche Länder schicken Athleten? Welche Veranstaltungen plant Makkabi? Wie sieht das Programm aus? Ich hoffe sehr, dass die EMG uns noch mehr Athleten bringen werden, auch für die nächste Welt-Makkabiade in Israel«, betont Keselmann.

begeisterung Auch Heinz Nossen erhofft sich für seinen Nürnberger Ortsverein frischen Wind dank EMG. »Wer mit so viel Begeisterung zu den jüdischen Europameisterschaften fährt, der kommt vielleicht mit neuem Ansporn zurück, um sich TuS Bar Kochba anzuschließen«, sagt der Nürnberger Vereinschef.

Auch in anderen Städten laufen die Reisevorbereitungen auf Hochtouren. »Ich habe das Gefühl, seit der Juli angefangen hat, ist die Aufregung vor den EMG sprunghaft gestiegen«, sagt Roman Zurek, Leiter von Makkabi Frankfurt. Aus der Gemeinde gibt es bislang 24 Anmeldungen.
Sie hat einen Bus gechartert und unterstützt die Reise nach Berlin auch finanziell – mit Lunchpaketen und Zuschüssen zur Übernachtung.

Marlit Bachmann koordiniert die Anmeldungen. Sie hat mittlerweile die Frist verlängert, denn es sind noch Plätze vorhanden. Die meisten Frankfurter würden jedoch lieber auf eigene Faust nach Berlin reisen, erzählt Zurek, darunter Familien und Freunde der Frankfurter Fußballer, Tennis- und Hockeyspieler. Denn mit 1300 Mitgliedern ist Makkabi Frankfurt der größte Ortsverein. »Alle spüren, dass da etwas ganz Großes bevorsteht«, fasst der Frankfurter Makkabi-Leiter seine Eindrücke zusammen.

gemeinsamkeit Davon ist auch Ariel Keselmann überzeugt. »Ich glaube – nein, ich weiß es 100-prozentig: Diese Veranstaltung wird in die Geschichte Deutschlands eingehen.« Dazu wollen auch die Sportler aus ganz Deutschland beitragen. »Wir trainieren seit Monaten voller Vorfreude und wollen für die angereisten Unterstützer unseren Traum von einer Medaille verwirklichen«, sagt etwa Futsalspieler Kevin Hornik, der derzeit in London lebt, aber für Deutschland antritt. Bei den EMG könne man erleben, »wie schön und gefestigt jüdisches Leben in Deutschland geworden ist«.

Daniil Fissenko aus Hamburg startet im Schwimmen. Dafür trainiert der 20-Jährige viermal wöchentlich. »Ich war schon bei Makkabiaden in Israel und Wien dabei – und jetzt Berlin. Es ist immer wieder ein großartiges Ereignis.«

German Djanatliev plant, seine Jugendlichen auch durch das jüdische Berlin zu führen. Ihm geht es neben Gemeinsamkeit auch um Geschichte. Die Jugendlichen sollen begreifen: »Makkabi, das ist etwas, das uns gehört.«

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert