München

»Wir brauchen einander«

Olga Albrandt, Leiterin der IKG-Sozialabteilung Foto: Andreas Gregor

Drei Tage, nachdem die russischen Truppen in die Ukraine einmarschiert waren, kamen die ersten Geflüchteten von dort in München an. Die Gemeinde hat schnell rea­giert, eine Arbeitsgruppe gebildet, Aufrufe gestartet und Unterkünfte organisiert – privat bei Gemeindemitgliedern und in Hotels.

Damals kamen jeden Tag rund 1700 Geflüchtete in München an. Die Stadt war mit der Situation zunächst einmal überfordert. »Es war niemand darauf vorbereitet«, sagt Olga Albrandt. Sie ist Leiterin der Sozialabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. »Meine Aufgabe ist es, alles Soziale am Laufen zu halten«, beschreibt sie ihren Beruf.

willkommensklassen Vor einem Jahr organisierte sie mit ihrem Team, dem Vorstand und vielen Unterstützern das Notwendigste, um die Geflüchteten zu versorgen. »Beratung, Betreuung, Essen, warme Kleidung, Medikamente, Babynahrung, Windeln und natürlich Geld«, zählt sie auf. Insgesamt hat Albrandt gemeinsam mit ihrem Team seitdem mehr als 600 Personen geholfen. In kürzester Zeit konnten drei Willkommensklassen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Am Gymnasium, in der Grundschule und im Kindergarten.

Vor einem Jahr organisierte sie mit ihrem Team, dem Vorstand und vielen Unterstützern das Notwendigste, um die Geflüchteten zu versorgen.

Albrandt studierte Soziale Arbeit und fing 2002 an, in der Gemeinde zu arbeiten. »Ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit schon viel gesehen«, sagt die Leiterin der Sozialabteilung. »Kinder ohne Obhut, weil die Eltern sich nicht kümmern konnten und das Jugendamt eingriff. Ich habe Sterbende in ihren letzten Stunden begleitet.«

Sie unterstützt mit der IKG-Sozialabteilung und 170 Ehrenamtlichen bedürftige Gemeindemitglieder in jeder Lebenslage. Bei finanziellen Schwierigkeiten, gesundheitlichen Problemen und unübersichtlichen Behördengängen. Wenn sie sich an den Kriegsbeginn vor einem Jahr erinnert, waren es vor allem die Kinder, die nicht verstanden haben, was mit ihnen passiert und warum sie plötzlich in Deutschland waren. »Die Kinder hatten Heimweh. Sie wollten jeden Tag nach Hause«, sagt Albrandt.

zuwanderung Es wurde psychologische Unterstützung angeboten, auf Deutsch, Englisch, Hebräisch und Russisch. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 sind etwa 220.000 Menschen im Zuge der jüdischen Zuwanderung nach Deutschland gekommen. Auch die Münchner Gemeinde ist seither gewachsen.

»Die Menschen kommen aus der Ukraine, Russland, aus Belarus und kaukasischen Staaten«, sagt Albrandt. Begleitet wurde die Zuwanderung seit Beginn mit Unterstützung bei der Integration, Versorgung und Unterkunft. Doch wenn man sie fragt, was das Wichtigste sei, sagt sie: »Menschen. Wir brauchen einander, damit wir nicht allein sind und uns nicht verloren fühlen.«

Dokumentation

»Sie sind nicht alleine!«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hielt bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden die traditionelle Gastrede

von Wolfram Weimer  30.11.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 30.11.2025 Aktualisiert

Porträt der Woche

Familie, Glaube, Neubeginn

Edouard Joukov stammt aus Russland und fand seinen Platz in der Ulmer Gemeinde

von Brigitte Jähnigen  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Mitzvah Day

Grünes Licht

Jüdische Gemeinden und Gruppen gestalteten deutschlandweit den Tag der guten Taten

von Katrin Richter  27.11.2025

Düsseldorf

Cooler Kick

Beim Ilan Fiorentino Cup kamen im Gedenken an Spieler aus dem Kibbuz Nahal Oz Israelis, Exil-Iraner und das NRW-Landtagsteam zu einem Freundschaftsturnier zusammen

von Jan Popp-Sewing  27.11.2025