Herford

Weinen, lachen

Dokumentiert: Rabbiner Avichai Apel bringt die Mesusa an der Synagogentür in Herford an. Foto: Alex Kroeger

Ursprünglich sollte es eine Baudokumentation werden. Doch daraus wurde nichts – zum Glück. Stattdessen ist das jetzt erschienene Buch Wir freuen uns und wir weinen … Wiederaufbau der Herforder Synagoge ein fotografisch-literarisches Glanzstück geworden, mit dem das regionale jüdische Leben auf eine sehr persönliche Art und Weise erlebbar wird.

Die Fotografen Jürgen Escher und Sven Nieder waren zwei Jahre lang beim Bau der Synagoge in der westfälischen Hansestadt hautnah dabei. Sie dokumentierten nicht nur die Arbeiten, sondern den Prozess von der Planung auf dem Reißbrett bis zum ersten Gottesdienst.

porträts Außerdem fotografierten sie das Gemeindeleben und porträtierten die Menschen. Herausgekommen sind etwa 15.000 Fotos, von denen knapp 200 den Weg ins 120 Seiten umfassende Buch fanden. Allein wegen dieser intensiven Motive, spannenden Reportagen und beeindruckenden Porträts lohnt sich die Lektüre dieser Dokumentation.

Doch das ist noch längst nicht alles: Autor Michael Helm sprach mit Gemeindemitgliedern und dem Architekten. Das Ergebnis sind zehn »Literarische Interviews« über Gefühle, Erinnerungen, Enttäuschungen und Hoffnungen. Zu Worte kommen mit ihnen die unterschiedlichsten Charaktere: Jung und Alt, Alteingesessene und Zuwanderer.

Beispielsweise berichtet der 1923 geborene und inzwischen verstorbene Wolfgang Heinemann aus seiner Kindheit in Herford und von seinen Erlebnissen in Theresienstadt: »Meine Kindheit war eine gute und schwere Zeit«. Mit Blick auf den Synagogenbau meinte er, eine größere Freude hätte man der Gemeinde nicht machen können. Außerdem prägte Heinemann den Titel des Buches, als er sagte: »Wir freuen uns und wir weinen«. Sein Wunsch für die Zukunft war ein »ganz normales Miteinander«.

Gespräche Es seien sehr intensive Gespräche gewesen, die nicht immer leicht waren, berichtet Michael Helm. Anschließend habe er die Gedanken daran stunden-, tage-, nächtelang mit sich herumgetragen, oft um Formulierungen gerungen und an Details gefeilscht. »Es ging mir nicht um die wortgetreue Wiedergabe eines Lebenslaufs, sondern um persönliche Erinnerungen und Wünsche«, sagt der Autor. Ergänzt werden die Fotos und Interviews durch eine quellenbasierte »Vorgeschichte« der Juden in Herford, geschrieben vom Historiker und Stadtarchivar Christoph Laue.

»Es ist ein wunderbares Buch«, schwärmt Gemeindevorsitzender Harry Rothe. Sven Nieder gibt das Lob an die Gemeinde zurück: »Man hat uns immer sehr herzlich aufgenommen.« Und Jürgen Escher ergänzt: »Ich empfand es als Ehre, das machen zu dürfen.«

Das Buch ist für 19.80 Euro über die Gemeinde Herford erhältlich.

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025