Potsdam

Trauer um Leon Schwarzbaum

Leon Schwarzbaum sel. A. (1921–2022) Foto: dpa

Leon Schwarzbaum ist tot. Der Schoa-Überlebende sei in der Nacht zu Montag im Alter von 101 Jahren in Potsdam gestorben, teilte das Internationale Auschwitz Komitee in Berlin mit.

»Mit großer Trauer, Hochachtung und Dankbarkeit verabschieden sich Überlebende des Holocaust in aller Welt von ihrem Freund, Leidensgenossen und Weggefährten Leon Schwarzbaum, der in den letzten Jahrzehnten seines Lebens zu einem der wichtigsten Zeitzeugen der Schoa geworden ist«, erklärte das Komitee. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Schwarzbaum als »großartigen Menschen und einen bedeutenden Zeitzeugen«.

1921 kam Leon Schwarzbaum in Hamburg zur Welt und zog als Vierjähriger mit seiner Familie in das oberschlesische Bendzin. Eine unbekümmerte Kindheit und Jugend habe er dort erlebt. Mit Freunden gründete er die Musikband »Jolly Boys«, sie waren vom Swing begeistert. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im September 1939 musste die Familie ins Ghetto umziehen und Zwangsarbeit leisten.

auschwitz 1943 floh er, wurde jedoch festgenommen und nach Auschwitz deportiert, dann wurde er Zwangsarbeiter in den Siemens-Schuckertwerken im Außenlager Bobrek. Es folgten Buchenwald, Sachsenhausen und zwei Todesmärsche.

Zuletzt wurde Leon Schwarzbaum in Schwerin befreit. Er wollte nach Hause und gelangte in seine Heimatstadt, um festzustellen, dass es niemanden aus seiner Familie mehr gab.

Besonders in seinen letzten Lebensjahren war Schwarzbaum von dem Drang getrieben, an seine in Auschwitz ermordeten Eltern und all die anderen Opfer des Holocaust zu erinnern.

Daraufhin beschloss er, nach Stettin zu ziehen, wo die christliche Ex-Ehefrau seines Bruders lebte. Dort arbeitete er als Übersetzer, entschied sich aber bald, nach Berlin zu gehen. In der Nachkriegszeit betrieb er mit seiner Frau ein Antiquitätengeschäft.

ns-prozess Zuletzt sollte Leon Schwarzbaum als Zeuge im NS-Prozess gegen einen früheren SS-Wachmann des KZ Sachsenhausen angehört werden, konnte jedoch nach Gerichtsangaben von vergangener Woche aus gesundheitlichen Gründen nicht befragt werden. Leon Schwarzbaum sei in den letzten Jahrzehnten seines Lebens zu einem der wichtigsten Zeitzeugen der Schoa geworden, betonte der geschäftsführende Vizepräsident des Auschwitz Komitees, Christoph Heubner.

Er sei besonders in seinen letzten Lebensjahren von dem Drang getrieben gewesen, an seine in Auschwitz ermordeten Eltern und all die anderen Opfer des Holocaust zu erinnern, betonte Heubner: »Er sprach in ihrem Namen.«

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Zugleich sei Schwarzbaum von seinem Zorn darüber getrieben gewesen, dass so wenige SS-Täter vor Gericht gestellt wurden. Seine Zeugenaussage beim Detmolder Auschwitz-Prozess gegen Reinhold Hanning 2016 sei ein bleibendes Dokument der Menschlichkeit und der Erinnerung. »Leon Schwarzbaum wollte keinen Hass, er wollte Gerechtigkeit«, betonte Heubner: »Wir sind dankbar, dass Berlin ihm zu einer neuen Heimat werden konnte.«

ZEUGNIS Schwarzbaum war auch Träger des Bundesverdienstkreuzes für sein Engagement als Zeitzeuge. 2019 sagte er, dass er die Auszeichnung den Opfern der Schoa widme. Im selben Jahr bekam er außerdem ein neu ausgestelltes Abiturzeugnis. »Als die SS 1939 in unsere Stadt kam, haben sie als Erstes die Synagoge angezündet und alle Unterlagen aus dem Gymnasium für jüdische Mädchen und Jungs verbrannt. Ich muss davon ausgehen, dass auch mein Zeugnis bei diesem Pogrom vernichtet wurde«, sagte er seinerzeit dieser Zeitung.

Dass er auf das Zeugnis habe verzichten müssen, sei sehr schmerzhaft für ihn gewesen, weil er so in Deutschland nicht habe studieren können. ja/cs/epd/kna

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