Berlin

Trauer um Alexander Brenner

Foto: ullstein

Berlin

Trauer um Alexander Brenner

Der ehemalige Gemeindevorsitzende ist im Alter von 90 Jahren verstorben

 29.10.2015 11:40 Uhr

Nur zwei Wochen nach seinem 90. Geburtstag ist Alexander Brenner, der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, am Mittwochnachmittag verstorben.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, nahm die Nachricht vom Tode Alexander Brenners mit Erschütterung zur Kenntnis: »Der frühere Berliner Gemeindevorsitzende, der bis zu seinem Tod auch Mitglied im Direktorium des Zentralrats war, hat sich in herausragender Weise für die jüdische Gemeinschaft engagiert«, sagte Schuster. Vor allem seine diplomatischen Fähigkeiten habe Brenner immer wieder gewinnbringend eingesetzt. »Die Integration der russischsprachigen Zuwanderer lag ihm besonders am Herzen. Dabei haben wir alle von seiner reichen Erfahrung aus seinen Tätigkeiten im Ausland profitiert. Wir werden Alexander Brenner ein ehrendes Andenken bewahren.«

Wissen
»Mit Alexander Brenner verliert die Jüdische Gemeinde zu Berlin eine herausragende Persönlichkeit und einen weit über die Gemeinde hinaus geschätzten Menschen, der für sein fundiertes Wissen über die Jüdische Religion, Jüdische Geschichte und jiddische Literatur generationenübergreifend bewundert wurde«, sagte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Brenners Stimme bei der Bekämpfung des Antisemitismus und sein Einsatz für einen lebensfähigen Staat Israel in sicheren Grenzen bleibe unvergessen. »Die Jüdische Gemeinde zu Berlin wird ihm ein immerwährendes Andenken bewahren«, betonte Joffe.

»Mit ihm verliert die deutsche Hauptstadt einen ganz wichtigen Mittler jüdischen Lebens«, sagte Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD). Er habe sich als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Berlin um den Ausgleich von liberalen und orthodoxen Juden sowie die Integration der hinzugezogenen Neumitglieder sehr verdient gemacht. Besonders hervorzuheben sei zudem sein Wirken im Kuratorium der Stiftung »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« sowie sein Engagement im Rahmen des »Bands für Mut und Verständigung«, so Müller.

Biografie Brenner kam 1925 in dem polnischen Städtchen Tomaszów bei Lublin zur Welt. 1940 wurde die Familie nach Sibirien deportiert. Dort machte er Abitur. Nach Kriegsende zog seine Familie dann über Stettin nach Deutschland.

In Erlangen und Berlin studierte Brenner Chemie. 1964 promovierte er über »Dampfdruckmessungen von Hochpolymer-Lösungen im Bereich der Glastemperatur«, später arbeitete er im Hahn-Meitner-Institut und im Bundesgesundheitsamt. Dann war Brenner für den Auswärtigen Dienst tätig: zunächst als Wissenschaftsattaché in der Deutschen Botschaft Moskau, von 1982 bis 1990 in gleicher Funktion an der Deutschen Botschaft in Tel Aviv. Nach dem Mauerfall war er unter anderem Berater mehrerer wissenschaftlicher und industrieller Institutionen.

DIPLOMAT Diplomatisches Geschick bewies er auch von 2001 bis 2004 als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und in den Gremien des Zentralrats der Juden. Er habe als Berliner Gemeindevorsitzender »zu einer sehr guten Entwicklung der Gemeinde entscheidend beigetragen«, würdigte Zentralratspräsident Josef Schuster Brenners Engagement.

Brenner vertrat nicht nur kompetent jüdische Interessen, sondern machte sich auch stets für die Integration der russischsprachigen Zuwanderer stark: »Es muss aufhören, dass alteingesessene Juden mit einer gewissen Arroganz auf die zugewanderten Juden aus Osteuropa blicken«, sagte er einmal. Die russischsprachigen Zuwanderer nannten ihn »Sascha«, bei den Wahlen zur Repräsentantenversammlung konnte er stets mit ihren Stimmen rechnen und holte wiederholt sehr gute Ergebnisse.

Brenner, der neben Deutsch, Polnisch, Hebräisch und Englisch auch fließend Russisch sprach, war charmant, witzig, intelligent, aber selten bequem.

Die Beerdigung findet am Freitag, den 30. Oktober um 12 Uhr auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße statt. ja

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  28.12.2025

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025