Auszeichnung

»Steht zu eurer Meinung und seid menschlich!«

Die Preisträger mit der Zeitzeugin Margot Friedländer und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller Foto: Schwarzkopf-Stiftung, Adrian Jankowski

Am vergangenen Dienstag ist der diesjährige Margot-Friedländer-Preis für besonderes Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus an zwei Berliner Oberschulen verliehen worden.

Den ersten Preis erhielt die Carl-Bosch-Oberschule in Hermsdorf für ihr Projekt »Moving Sculptures« – dafür erarbeiteten rund 40 Schüler zu den Euthanasie-Morden am heutigen Gedenkort »Geschichtslabor am Eichborndamm« eine Performance. Der zweite Preis ging an das Gottfried-Keller-Gymnasium in Charlottenburg für das Projekt »Sog nit kejnmol«, in dem die Schüler die Biografien ehemaliger jüdischer Nachbarn der Schule recherchieren und ab 2017 jährlich an jedem 9. November am Gedenkort Gleis 17 am Bahnhof Grunewald eine Gedenkveranstaltung initiieren wollen.

Der Preis ist mit insgesamt 6700 Euro dotiert. Die ausgezeichneten Projekte würden sich »in interaktiver Weise mit der Schoa auseinandersetzen und Stellung gegen heutige Formen der Ausgrenzung beziehen«, begründete Cornelius Grossmann vom Unternehmensberatungsnetzwerk Ernst & Young die Juryentscheidung.

zeitzeugin »Der Preis ist eine Anerkennung für etwas unheimlich Wichtiges: euer Engagement. Ihr sprecht für die sechs Millionen Ermordeten«, rief Margot Friedländer den Schülern zu. »Steht weiterhin zu eurer Meinung und seid menschlich!« Die 95-Jährige ist Schoa-Überlebende und tritt bis heute als Zeitzeugin in Schulen auf. Häufig liest sie bei diesen Begegnungen aus ihrer Autobiografie Versuche, dein Leben zu machen. Darin erzählt sie ihre eigene Geschichte, wie sie als Jüdin, versteckt in ihrer Heimatstadt Berlin, die NS-Zeit überlebte.

Die Zeit von Verfolgung und Krieg überlebte Friedländer im Untergrund. Sie überlebte zudem das Konzentrationslager Theresienstadt. Ihre Eltern und ihr Bruder wurden in Auschwitz ermordet. 1946 emigrierte die Berlinerin in die USA, nach New York. Seit 2010 lebt sie wieder dauerhaft in Berlin.

Gemeinsam mit Jurymitglied Grossmann überreichte Friedländer den Vertretern der Schulen den Preis. »Du reichst uns Nachgeborenen die Hand. Die Schüler sind mit Blick auf deine Lebensgeschichte aufgerufen, sich mit der Schoa zu beschäftigen und sich aktiv gegen jedwede Form der Diskriminierung einzusetzen«, würdigte André Schmitz von der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa Friedländers Einsatz.

engagement Die Stiftung schreibt den nach der Zeitzeugin genannten Preis seit drei Jahren aus. Die Auszeichnung fand in den Räumen der Liebermann-Villa am Pariser Platz statt. Die Laudatio auf die Schulen hielt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Er würdigte Berlins Schulen für ihren konsequenten Einsatz gegen Antisemitismus und Fremdenhass.

Friedländers Engagement als Zeitzeugin bezeichnete Müller als vorbildlich. »Das Engagement von Margot Friedländer und vielen anderen Zeitzeugen zeigt uns den Weg. Sie haben am eigenen Leib erfahren, wohin Diskriminierung und Ausgrenzung führen. Jeder Einzelne von uns ist gefragt, den Parolen der populistischen Vereinfacher klare Meinungen entgegenzusetzen«, sagte Müller.

Der Margot-Friedländer-Preis wird seit 2014 verliehen. Ihm geht ein Wettbewerb der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa voraus, bei dem Schüler dazu ermutigt werden sollen, sich in Projekten mit der Schoa auseinanderzusetzen und sich gegen Diskriminierung zu positionieren. Wurde der Preis bisher nur an Schulen in Berlin und Brandenburg verliehen, soll er im nächsten Jahr bundesweit ausgeschrieben werden.

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025