Ehrung

Späte Würdigung

Teilnehmer der feierlichen Benennung, darunter Charlotte Knobloch (3.v.r.) und Dominik Krause (r.) Foto: Johannes Gerblinger

Endlich ist es gelungen. Die Bemühungen der Künstlerin Ludowika Huber und des Historikers Andreas Heusler, der 2014 die Biografie Lion Feuchtwanger: Münchner – Emigrant – Weltbürger veröffentlichte und 2022, gemeinsam mit Tamara Fröhler als Herausgeber, Feuchtwanger und München nachlegte, mündeten kürzlich in die Benennung des Lion-Feuchtwanger-Platzes im Lehel, in unmittelbarer Nähe von dessen Geburtshaus in der Thierschstraße 14.

Die Sitzbänke zum Verweilen, vielleicht auch Lesen in Feuchtwangers beeindruckendem Werk, konnte zur Einweihungszeremonie niemand nutzen. Doch trotz des strömenden Regens kamen kürzlich am 140. Geburtstag des Schriftstellers viele und harrten bei Redebeiträgen und Musik aus, die Hans Well mit Tochter Sarah beisteuerte.

Den Anfang machte der Zweite Bürgermeister Dominik Krause. Er wies darauf hin, dass Feuchtwanger mehr als die Hälfte seines Lebens in München verbracht hatte: »Kindheit und Jugend, Schule und Studium, die anfänglichen schriftstellerischen Gehversuche, die leidvollen Erfahrungen des Scheiterns wie auch die ersten literarischen Erfolge.« 1925 verließ er München und schrieb in Berlin den Roman Erfolg, eine Abrechnung mit seiner bayerischen Heimat, die ihm die Münchner wohl lange nicht verziehen, so die Vermutung des Bürgermeisters mit Blick auf die späte Würdigung des weltberühmten Autors mit einer Straßenbenennung.

München sei damals nicht eine »Weltstadt mit Herz« gewesen, resümierte Charlotte Knobloch, im Gegenteil.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, dankte dafür, dass endlich »der Name Feuchtwanger in Münchens Mitte auf Dauer sichtbar ist« und reflektierte das ihm zugeschriebene Zitat, dass von allen Lastern Anstand das kostspieligste sei. Es beinhalte eine »untrüglich präzise gesellschaftliche Analyse« und könne auch als Zusammenfassung seiner schwierigen Jahre in München verstanden werden.

München sei damals nicht eine »Weltstadt mit Herz« gewesen, resümierte Knobloch, im Gegenteil: »Rechtsextreme und Chauvinisten schmiedeten hier ihre Pläne und Netzwerke und machten so den jüdischen Münchnern das Leben immer schwerer.« Und sie warnte: »Die Irrtümer und Bosheiten, die Missgunst und Empathielosigkeit, die Feuchtwanger 1925 aus seiner Heimatstadt vertrieben, haben die Zeiten überdauert.«

Die Stadt sei nicht mehr dieselbe wie damals, doch sie sehe sich denselben Gefahren gegenüber wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und wer es von der Zuhörerschaft noch nicht verstanden hatte, dem reichte Knobloch nach: »Selbstbewusste Rechtsextremisten und verängstigte Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft – das war alles schon einmal da.«

Edgar Feuchtwangers Videobotschaft und Erinnerung an den Onkel ging im Rauschen des Regens unter; es wäre daher schön und wichtig, wenn man sie im Nachgang über das Kulturreferat akustisch abrufen könnte. Tanja Kinkel, Präsidentin der Internationalen Feuchtwanger-Gesellschaft, ordnete Lion Feuchtwangers Laufbahn vom Sohn aus orthodox-jüdischem Haus zum Bestsellerautor ein und fasste schließlich zusammen: »A Gscheidhaferl, a Striezi und a weng a Hund war er scho!«

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Karoline Preisler  08.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025