Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

»Der Dresscode wird spektakulär«: Gregor und Masha moderieren die Jewro-Show.

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025 13:49 Uhr

Gregor, du spielst Klavier, Masha, du schenkst Freundinnen gern selbst geschriebene Songs. Ihr beide werdet im Juni die Jewrovision in Dortmund moderieren. Wollt ihr das Publikum mit einem Lied überraschen?
Masha: Stand jetzt ist noch nichts geplant. Es kann sein, dass so eine Aufgabe noch auf uns zukommt und wir sie dann beide nicht ablehnen würden. Ich wünsche es mir nicht, aber ich sage auch nicht Nein.

Du hast früher auf der Jewro-Bühne für das Juze Ekew Freiburg sowie für Fantastic4 feat. JuJuBa vor Tausenden Zuschauern getanzt, Gregor. Nun wirst du als Moderator auf der Bühne stehen. Hilft es, so eine Erfahrung schon einmal gemacht zu haben?
Gregor:
Auf jeden Fall. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, nun durch die Show zu führen. Ich war 2014 das erste Mal in Hamburg dabei und habe richtig lange auch mitgetanzt. Das hat mir immer sehr viel Spaß gebracht, und ich empfand es schon damals als ein großes Privileg, auf so einer großen Bühne vor so vielen Menschen auftreten zu dürfen. Es hilft auf jeden Fall, diesen Spirit schon einmal erlebt zu haben.
Masha: Gregor ist da klar im Vorteil. Er stand schon auf dieser riesigen Bühne. Ich hingegen habe nur ganz kurz die Punkte vorgelesen, als ich vergangenes Jahr Mitglied der Jury war. Diesen Spirit mitzubekommen, war wirklich einzigartig.

Du bist Sportler und Student, Gregor. Masha, du arbeitest als Radiomoderatorin bei der Morgensendung von JAM FM. Also Profi. Und dennoch aufgeregt?
Masha:
Ich bin jedes Mal vor einer neuen Herausforderung aufgeregt. Als Radiomoderatorin sehe ich ja die ganzen Gesichter nicht. Aber zu verstehen, dass so viele Kinder und Jugendliche da wirklich mit Leib und Seele dabei sind – da spüre ich eine große Verantwortung, auf die ich mich freue.
Gregor: Ich glaube, dadurch, dass ich in den letzten Jahren auch öfter bei Makkabi-Veranstaltungen vor der Kamera stand, bin ich weniger aufgeregt. Aber vor einer neuen Aufgabe ist man immer nervös, und so ein gewisses Maß an Kribbeln und Schmetterlingen im Bauch gehört auch dazu, weil es dann erst wirklich gut werden kann.

Was macht ihr gegen Lampenfieber?
Masha:
Ich finde es wichtig, das nicht bekämpfen zu wollen, sondern mit dieser Energie, dem gewissen Adrenalin zu starten. Solange es keine schlimme Nervosität ist, sondern wirklich ein gesunder Respekt vor der Sache. Ich freue mich, dass wir zu zweit sind. Es ist unser beider Aufgabe, einander zu beruhigen, aber auch gleichzeitig zu pushen.

Wie war das eigentlich, als ihr angefragt wurdet, ob ihr moderieren wollt?
Gregor:
Ich hatte mich tatsächlich beworben für die Stelle. Und dann habe ich eine Antwort bekommen von einem Mitarbeiter des Zentralrats der Juden, der den Song Contest organisiert. Ich saß gerade bei meiner Oma zu Hause, die das nun hautnah mitbekam. Bei jedem Telefonat erzählt sie mir, was wir in der Show machen sollen. Meine Familie ist Feuer und Flamme und wird nach Dortmund kommen.
Masha: Bei mir war das anders. Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, und ich so: »O Gott. Wirklich? Ja, wieso nicht?« Ich bin wohl in der vergangenen Show bei der Jury ganz gut angekommen.

Masha, an dem Tag wirst du das Mikro nach 5 Uhr nachmittags statt um 5 Uhr morgens in die Hand nehmen. Ist das eine Umstellung?
Masha:
Ich habe Angst, dass ich alle mit »Guten Morgen« begrüße.

Früh aufstehen musstest du auch, als du im Rahmen deines Studiums dein Schulpraktikum gemacht hast. Eigentlich wolltest du Lehrerin werden. Warum hast du es abgebrochen?
Masha: Ich habe mich im Studium nicht mehr so wohlgefühlt. Ich war Praktikantin an einer Schule, die mir doch sehr zugesetzt hat. Und dann habe ich mich dazu entschieden, abzubrechen. Auch wenn ich im Studium schon ziemlich weit war. Es war aber keine verlorene Zeit für mich. Ich habe einen neuen Schritt gewagt und bin nach Berlin gezogen, um ein paar Praktika zu machen. Das erste war bei Radio JAM FM, und das war so cool, dass ich prompt geblieben bin

Du hast dann ein Volontariat gemacht und bist jetzt seit ein paar Monaten Moderatorin. Sind dir denn schon mal Fehler bei der Moderation passiert?
Masha:
Ich freue mich immer, wenn mir keine Fehler passieren. Kleine Versprecher sind absolut normal, sind absolut menschlich, schließlich senden wir live.

Schreibt ihr euch für die Jewro Moderationstexte auf?
Gregor:
Ich will etwas hinzufügen. Ich finde, das macht es auch so sympathisch und nahbar, wenn man zwischendurch einmal so ein paar kleine Fehler macht. Die Leute sind nicht perfekt, aber sie machen es trotzdem richtig gut und spielen es mit Humor herunter. Ich glaube, Masha macht das herausragend.
Masha: Hör doch auf.
Gregor: Ich glaube, wir können uns im Juni alle davon überzeugen. Wir werden bei der Jewro Moderationskarten nutzen. Aber ich denke, es ist trotzdem sehr, sehr wichtig, auch einfach das Ganze frei zu gestalten.
Masha: Wir müssen uns wahrscheinlich ein bisschen stichpunktartig orientieren, aber ansonsten werden wir einfach quatschen.

Masha, du schlüpfst zur Arbeit in einen Hoodie. Was wirst du bei der Show anziehen?
Masha: Keinen Hoodie. Der Dresscode wird auf jeden Fall spektakulär.
Gregor: Ich gehe da mit. Aber es wird auf jeden Fall der Tradition gerecht werden.

Wie werdet ihr die Zeit vor der Show verbringen?
Masha:
Wir werden noch einmal alles durchgehen und versuchen, einander in eine positive, fröhliche, gut gelaunte Stimmung zu bringen. Vielleicht auch schauen, was die Kids so machen, und einfach dieses Erlebnis wirklich noch mal einatmen, um das dann auch auf der Bühne genauso repräsentieren zu können.
Gregor: Für mich ist es ganz wichtig, vorher mit den Kids zu quatschen. Auch weil mich das so ein bisschen aufwärmen wird.
Masha: Und vorher gut essen.
Gregor: Richtig. Und nur stilles Wasser trinken.

Habt ihr denn noch Tipps für die Kinder und Jugendlichen, was sie bei ihren Auftritten beachten sollten?
Gregor: Den Moment genießen. Das ist das Allerwichtigste. Vor einigen Jahren hatte ich mich bei einem Auftritt vertanzt. Das passiert, und es gehört dazu. Man kommt raus auf die Bühne, man hat diese Scheinwerfer, die einem ins Gesicht scheinen. Und man hat immer einzelne Jurymitglieder, die einen anstrahlen und bei denen du spürst, die geben mir zwölf Punkte. Das weiß man dann einfach.

Habt ihr Favoriten?
Masha: Ich nicht. Ich freue mich auf jeden einzelnen Auftritt, und ich kann aus meiner kleinen Juryerfahrung sagen, dass es wirklich schwer zu beurteilen ist, welcher besser ist. Welche Stadt hat das am besten gemacht? Alle machen es wirklich fantastisch. Natürlich, es ist ein Wettbewerb. Als Jurymitglied saß ich da und konnte mich nicht entscheiden. Und einer Gruppe weniger als zwölf Punkte zu geben, fühlt sich eigentlich intuitiv schon falsch an.
Gregor: Das Niveau steigt jedes Jahr rasant an, und ich bin mir sicher, dass es dieses Jahr noch besser sein wird. Ich habe auch keine Favoriten. Ich bin mir sicher, es wird eine mega Show. Alle werden super performen.

Die Jewrovision wird zum zweiten Mal in Dortmund stattfinden.
Gregor:
Das Dortmunder Juze hat die allererste Jewro 2002 in Bad Sobernheim gewonnen. Deshalb ist es auch ein wenig Geschichte, die hier mitschwingt. Wir können uns auf eine überragende Stimmung in der Westfalenhalle freuen.

Was haltet ihr von dem Motto »United in Hearts«, also »Vereint im Herzen«?
Gregor:
Es ist sehr, sehr schön, weil wir alle sehr, sehr unterschiedlich sind. Wir haben alle unsere besonderen Eigenschaften, verschiedene Hobbys, unterschiedliche Lebensziele. Aber letztlich vereint uns das Judentum, und uns vereinen auch einfach das Menschsein und die Menschlichkeit und das gemeinsame Einstehen für unsere Werte. Und das ist das, was wir vermitteln möchten.
Masha: Im Herzen merkt man dann doch, dass wir alle die gleichen Emotionen haben. Egal, ob Freude, Angst, Wut, Glücksgefühle – das alles gehört zu einem Menschen dazu. Mit einem Lächeln kann man so viel bewegen, mit einer Träne, mit einem Schmunzeln.

Die Sorgen vieler Jüdinnen und Juden sind derzeit groß. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt scheinen kein Ende zu nehmen. Gleichzeitig steigt die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Deutschland. Kann man dann trotzdem die Jewro unbeschwert feiern?
Gregor:
Die Jewrovision ist ja die größte jüdische Veranstaltung des Jahres, und ich glaube, gerade damit müssen wir ein Zeichen setzen. Dass wir uns davon nicht unterkriegen lassen, dass wir resilient sind, dass wir weiterhin jüdisches Leben feiern, vorantreiben und dass wir uns auch nicht einschüchtern lassen. Genau das wollen die doch erreichen! Und dagegen setzen wir uns zur Wehr und setzen mit unserer Tradition wirklich ein unfassbar starkes Zeichen.
Masha: Es ist sehr wichtig, diesen Weltschmerz auch einmal zu vergessen und einfach das Leben zu genießen. Vor allem Kinder und Jugendliche. Die werden schon noch genug Zeit haben, sich Sorgen über alles Mögliche zu machen. Es geht um diesen Moment, in dem man kurz entfliehen kann, um zu genießen, glücklich zu sein und zu tanzen, zu singen und zu feiern.

Mit den beiden Jewro-Moderatoren sprach Christine Schmitt.

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