Hamburg

Scheinbare Gegensätze verbinden

Muslimische und jüdische, israelische und palästinensische Kinder miteinander in einen Dialog zu bringen, ihnen die jeweiligen Werte der anderen zu vermitteln – das ist das Ziel des Programms »Bridging the Gap«, das am Israel-Museum in Jerusalem umgesetzt und vom Hamburger Verein zur Förderung der Institution (German Friends of the Israel Museum) unterstützt wird.

Initiatorin und Gründerin des Vereins ist Sonja Lahnstein-Kandel, die daraus eine Dialogreihe entwickelt hat. Jetzt lud die Vorstandsvorsitzende mit dem zeitgenössischen Kunstmuseum Deichtorhallen zur Fortsetzung dieser Reihe ein.

Besetzt war das Podium in den Deichtorhallen mit dem New Yorker Fotografen Ralph Gibson, der israelischen Künstlerin Ilit Azoulay und dem Berliner Installations- und Videokünstler Leon Kahane, die über das Thema »Wenn jüdische Lebenslinien zur Kunst werden« diskutierten. Aus Berlin wurde ein Statement der israelischen Künstlerin Yehudit Sasportas per Video zugeschaltet.

ANLIEGEN Lahnstein-Kandel überschrieb das erste von drei Panels mit der Headline »Über Grenzen und Gegensätze hinweg«: »Die Reihe will zum Abbau von Vorurteilen und Konflikten beitragen.« Brücken zu bauen, dies sei »das wichtigste Anliegen des Vereins«. Aber wie baut man eine Brücke zwischen anscheinend unüberwindbaren Gegensätzen? »Dem Israel-Museum gelingt dies mit dem Kunstprogramm für palästinensische und jüdische Kinder, das seit 30 Jahren einmal wöchentlich läuft«, sagte Lahnstein-Kandel.

Doch wie spiegelt sich jüdische Identität in der Kunst wider, wie geht man als Künstler damit um? Dazu bietet die Reihe viele Ansätze. Die israelische Künstlerin Ilit Azoulay arbeitet in Berlin und setzt in ihrer Kunst Fundstücke, die sie in Fotografien sichtet, neu zusammen. »Ich achte auf die Stimmen, auf die Körpersprache der Menschen in alten Fotografien, ich sehe scheinbar in Stein gemeißelte Geschichte und entwickle sie weiter für die Zukunft, gerade auch in der islamischen Kunst«, so Ilit Azoulay. »Israel ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen, in Berlin erlebe ich meine jüdische Identität als eine ganz andere.«

Welche Erfahrungen sind »jüdisch«, und wie gehen Künstler damit um?

Leon Kahane wuchs in der DDR in Ost-Berlin auf, wo seine Jüdischkeit absolut kein Thema gewesen sei. Umso intensiver erforschte er das Schicksal seiner Großeltern während der Schoa. Sie entkamen den Nazis zunächst nach Frankreich und Indien, dann waren sie als Juden in der DDR einem Antisemitismus ausgesetzt, den es dort angeblich gar nicht gab. Kahane setzt sich heute künstlerisch mit dieser jüdischen Vergangenheit auseinander.

Eindrucksvoll sind die Fotografien, die der New Yorker Ralph Gibson für seine Publikation Sacred Land über Israel aufnahm. Gibson nahm stets in Detailansichten die Ästhetik der Realität in den Fokus. In Sacred Land fotografierte er betende Juden, zeigt sie aber nur in Anschnitten, wie etwa einen Teil des im Gebet vertieften Gesichts mit dem Mantelrevers. Gibson setzt mit seinen Fotografien jüdische und arabische Identität in zeitlose Kunst um.

IDENTITÄTEN Die israelische Künstlerin Yehudit Sasportas ist Bildhauerin, Malerin und Zeichnerin. Sie verfremdet Berge, Bäume und Wälder zu nahezu unheimlichen, ästhetischen Sujets. In ihren neuesten Arbeiten untersucht sie Fundstücke in der Wüste und unter Wasser und spürt verlorene Plätze jüdischer Identitäten auf.

Der zweite Teil der Dialogreihe findet am Mittwoch, 29. November, zum Thema »Dilemma der jüdischen Diaspora« statt, gefolgt von »NS-Raubkunst aus jüdischem Besitz auf der Spur 3.0« im Januar 2024.

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