Präsidentschaftswahl

»Putin – aber mit wie viel Prozent?«

Viele Zuwanderer besitzen noch einen russischen Pass und können sich an den Präsidentschaftswahlen in Russland beteiligen, doch eine Alternative zu Putin sehen sie nicht. Foto: dpa

Am Sonntag wird in Russland ein neuer Präsident gewählt. Wobei für viele Beobachter das Ergebnis bereits festzustehen scheint: Wladimir Putin wird das Rennen machen. Die Frage ist nur – wie viele Stimmen wird er am Ende bekommen?

Leonid Berezin, gebürtiger St. Petersburger, lebt seit den 90er-Jahren in Berlin. Da er noch immer die russische Staatsbürgerschaft besitzt, sieht er sich dazu verpflichtet, am Sonntag sein Kreuzchen zu setzen. Das sei Pflicht, trotz des bereits feststehenden Ergebnisses. Immerhin: 99,9 Prozent wie zu Sowjetzeiten werde Putin wohl nicht bekommen. Um das »Wie viel weniger« geht es ihm.

Auch dieses Mal wird der 89-Jährige einmal quer durch die Stadt fahren, um seine Stimme in der russischen Botschaft Unter den Linden abzugeben. Wem er sie gibt, das entscheide er kurz vorher. Wa­rum er die Anstrengung auf sich nimmt? »Weil ich will, dass es den Menschen dort irgendwann besser geht.«

Anreise Bei Sergey Romanov und seinen Eltern sieht die Sache anders aus. Per »Kontingent« ist die Familie 2000 nach Cottbus gekommen. Trotz russischem Pass werden alle drei zu Hause bleiben. Die Fahrt nach Berlin sei für seine Eltern zu beschwerlich, sagt der 45-Jährige. »Und ich bin einerseits zu faul, und andererseits empfinde ich Russland als ein fremdes Land, obwohl ich noch russischer Staatsbürger bin.« Den russischen Pass habe er »für alle Fälle« behalten. Bei einer Reise nach Israel merkte er, dass es auch praktische Seiten gibt: »Russische Bürger dürfen dort visumfrei einreisen.«

Gespräche über Putin und seine Politik führt er ungern, ob in der Jüdischen Gemeinde in Cottbus, wo er als Kantor tätig ist, oder zu Hause. »Ich vermeide solche Diskussionen. Meine Eltern schätzen Putin eher positiv ein, ich dagegen eher ablehnend.« Die Gemeindemitglieder verhielten sich ebenfalls alle unterschiedlich: Die einen würden wählen gehen, andere nicht, einige seien enttäuscht von der aktu­ellen Politik, andere glühende Verfechter.

Blog Tiefgehende Diskussionen mit Freunden und Verwandten versucht auch Vadim Feldmann zu vermeiden. Er wolle keinen Streit riskieren. Eine starke Meinung hat der 37-Jährige dennoch, und die äußert er in Blogs und Artikeln. Das Russland von heute stimme ihn traurig. »Ich vermute, dass das Land genauso vor dem Abgrund steht wie damals die UdSSR. Da helfen auch die modernsten Raketen von Putin nicht mehr.«

2000 habe er einen Fehler begangen, indem er für Putin gestimmt hat. Das könne er sich bis heute nicht verzeihen. Zwei Jahre später habe er mit seiner Familie die Sachen gepackt, um als »Kontingentflüchtling« nach Deutschland zu kommen. Seit 2013 besitzt der Wahl-Cottbuser die deutsche Staatsbürgerschaft, und zwar nur die deutsche. Hätte er noch einen russischen Pass, er würde die Wahl boykottieren.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025