Erinnerungskultur

Ohne festen Direktor

Haus der Wannsee-Konferenz: wichtige Stätte der Erinnerungskultur Foto: Gregor Zielke

Anfang Dezember vergangenen Jahres schrieb die Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz die Stelle des Direktors neu aus. Hans-Christian Jasch, der bisherige Direktor, ist Rechtshistoriker mit bestem wissenschaftlichen Ruf. Vielen galt er als Idealbesetzung für diesen wichtigen Ort der Erinnerungskultur. Nach fünf Jahren in dieser Position kehrte Hans-Christian Jasch nun ins Bundesinnenministerium zurück.

Kurz nach Bekanntwerden seines Weggangs eröffnete im Januar die neu konzipierte Dauerausstellung in der Villa. Im Januar 1942 wurde dort während eines Arbeitsfrühstücks von 15 Männern die Organisation der systematischen Erfassung und Ermordung der Juden Europas abgestimmt. Die mediale Kritik auf das neue Ausstellungskonzept war wenig positiv. Allerdings ist zu erfahren, dass diese Konzeption keinesfalls einzig aus Jaschs Feder stammte.

BEWERBER Die Direktion der Gedenkstätte ist inhaltlich und gewiss auch darüber hinaus eine der attraktivsten in Europa. Es ist deshalb mit zahlreichen qualifizierten und ambitionierten Bewerbern auf die Stelleninserate zu rechnen – auch weil es weit mehr gute Historiker als gute Stellen gibt. Unter den Mitgliedern des Beirats befinden sich einige der angesehensten deutschen Historiker.

Man könnte annehmen, dass auch diese mögliche Kandidaten identifizieren und zur Bewerbung anzuregen vermögen, um das Bewerberfeld zu verbreitern. Ebenso hätte man damit gerechnet, dass die Durchsicht der Bewerbungen und deren Diskussion durch die Entscheidungsgremien auch in Zeiten der Pandemie elektronisch umsetzbar ist.

Die mediale Kritik auf das neue Ausstellungskonzept war wenig positiv.

Doch offensichtlich sind die für die Stellenbesetzung Verantwortlichen für die Villa am Wannsee nun baden gegangen: Jüngst wurde bekannt, dass die Stelle noch immer nicht besetzt wurde. Die bisherige stellvertretende Direktorin, Elke Gryglewski, wurde zwar jüngst als kommissarische Leiterin benannt. Zeitgleich wurde jedoch bekannt, dass sie ebenfalls bald das Haus der Wannsee-Konferenz verlässt. Die seit Jahrzehnten in der Gedenkstättenarbeit erfahrene Politologin soll Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten und in Personalunion Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen werden.

Weshalb nach mehr als einem halben Jahr die Direktion immer noch nicht fest besetzt wurde, ist nicht bekannt. Bekannt ist aber – und das weit über Berlin und die Welt der Historiker hinaus –, dass diese Gedenkstätte zu wichtig für die Erinnerungskultur ist, um langfristig ohne einen festen Direktor zu wirken. Auch und gerade nach der Kritik an der neuen Ausstellung.

Feiertage

Tradition im Paket

Das Familienreferat des Zentralrats der Juden verschickt die neuen Mischpacha-Boxen mit allerhand Wissenswertem rund um Rosch Haschana und Sukkot

von Helmut Kuhn  12.09.2025

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Dialog

Brücken statt Brüche

Eine neue große Tagung der Denkfabrik Schalom Aleikum widmet sich der digitalen Kommunikation in Krisenzeiten

 11.09.2025

Dialog

Freunde wie Berge

Juden und Kurden verbindet eine jahrtausendealte Freundschaft. Um ein Zeichen der Gemeinsamkeit zu senden und sich des gegenseitigen Rückhalts zu versichern, kamen sie nun auf Einladung der WerteInitiative in Berlin zusammen

von Katrin Richter  10.09.2025

Literatur

»Es wird viel gelacht bei uns«

Der Historiker Philipp Lenhard und die Schriftstellerin Dana von Suffrin über den von ihnen gegründeten Jüdischen Buchklub, vergessene Klassiker und neue Impulse

von Luis Gruhler  09.09.2025

Ausstellung

Lesen, Schreiben, Sehen, Handeln, Überleben

Im Literaturhaus München wird das Leben der amerikanischen Denkerin und Publizistin Susan Sontag gezeigt

von Ellen Presser  09.09.2025

München

Spur der heiligen Steine

Es war ein Sensationsfund: Bei Baumaßnahmen am Isarwehr wurden Überreste der früheren Hauptsynagoge entdeckt. Der Schatz wird nun vom Jüdischen Museum erforscht

von Michael Schleicher  07.09.2025