Detmold

»Mit unserer Historie nicht vereinbar«

Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold Foto: imago images/Metodi Popow

Der mögliche Abriss einer alten Synagoge in Detmold hat aus Sicht der dortigen Jüdischen Gemeinde einen antisemitischen Hintergrund. Der Gebäudeeigentümer sei ein in der rechten Szene bekannter Anwalt und betreibe »Geschichtsrevisionismus«, sagte der Gemeindevorsitzende Matitjahu Kellig am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Mehrere Medien hatten in den vergangenen Tagen berichtet, Grundstückseigentümer Hendrik Schnelle plane einen Abriss des Gebäudes und den Bau von Parkplätzen.

geschichtsbewusstsein »Wer auch nur ein ganz kleines bisschen Geschichtsbewusstsein hat, weiß, dass ein solcher Abriss mit unserer Historie nicht vereinbar ist«, sagte Kellig. Das Gebäude wurde vor rund zehn Jahren von Forschenden als Hofsynagoge aus dem 17. Jahrhundert identifiziert.

Das Haus ist damit eine der ältesten Synagogen in Norddeutschland. Die Jüdische Gemeinde hofft auf ein Museum oder eine Begegnungsstätte an dem Ort. Erwerb und Sanierung seien jedoch Aufgabe des Staates und nicht der Gemeinde, so Kellig.

Das Haus ist eine der ältesten Synagogen in Norddeutschland.

Der Umwandlung des Gebäudes in ein Museum stehe er positiv gegenüber, schreibt Eigentümer Schnelle in einem der KNA vorliegenden Brief an Kellig. Er sei bereit, das Gebäude an die Gemeinde zu vermieten, wenn sie die Sanierungskosten von mindestens 400.000 Euro übernehme.

Er habe Fördergelder für die Sanierung beantragt, solche jedoch nie bewilligt bekommen, sagte er auf Anfrage. Angesichts dieser jahrelangen Bemühungen sei es »eine besonders grobe Unverschämtheit, wenn mir jetzt unterstellt wird, ich würde den Abbruch des Hauses aus ideologischen Gründen betreiben«.

Da die Denkmalbehörde den Abriss des Gebäudes untersagt hat, wird der Fall derzeit vor Gericht verhandelt. Zudem machte die Stadt Detmold Schnelle ein Angebot zum Kauf des Hauses, wie ein Sprecher bestätigte.

rechtsstreit Auch das Berliner Tikvah Institut, das sich gegen Antisemitismus einsetzt, schaltete sich in den Rechtsstreit ein. In einem Brief an die nordrhein-westfälische Staatskanzlei hat Geschäftsführer Volker Beck Medienberichten zufolge den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) dazu angehalten, die oberste Denkmalbehörde seines Landes anzuweisen, »alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen Abriss zu verhindern« und eine sogenannte Enteignung einzuleiten.

Weiter erklärte er: »Das Alter des Baues und seine historische Bedeutung sollte hinreichen, um mithilfe des Denkmalschutzes das Gebäude zu erhalten und für eine angemessene Nutzung zu sichern.«

Der Sachverhalt werde aktuell geprüft. Dem NRW-Heimatministerium als oberster Denkmalschutzbehörde liegt der Vorgang derzeit aber noch nicht vor, wie es auf KNA-Anfrage hieß.

Kellig sieht in der Enteignung die letzte Möglichkeit, das Gebäude vor dem Verfall oder Abriss zu bewahren. Zugleich betonte er: »Wir leben in einem Rechtsstaat, und mit Rufen nach Enteignung sollten wir vorsichtig sein.« Jeder habe das Recht, dagegen Einspruch zu erheben. »Ansonsten leben wir in einer Anarchie.« kna/ja

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025