Diskussion

Leitmotiv: Courage

Diskutierten über Verantwortung: Ludwig Spaenle, Waltraud Lucic, Engelbert Siebler, Charlotte Knobloch, Johannes Friedrich und Klaus Wenzel (v.l.n.r.) Foto: Miryam Gümbel

Aufhorchen, Hinschauen, Handeln – zeige Courage!» lautete das Thema des 21. Münchner Lehrertages. Eingeladen hatte dazu der Münchner Lehrerinnen- und Lehrerverband (MLLV) mit dem Bayerischen Bündnis für Toleranz in den Hubert-Burda-Saal der Israelitischen Kultusgemeinde München.

Eine Synagogenführung stand dabei ebenso auf dem Programm wie Themen zu jüdischem Leben und der Zeit des Nationalsozialismus. Schwerpunkt war eine Podiumsdiskussion. An ihr nahmen Kultusminister Ludwig Spaenle, Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch, der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich, der katholische Weihbischof Engelbert Siebler sowie die Vorsitzende des MLLB und Vizepräsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV) Waltraud Lucic teil. Moderiert wurde sie von BLLV-Präsident Klaus Wenzel.

Ursachen Charlotte Knobloch hatte in ihrer Begrüßungsrede betont, wie wichtig ihr Begegnung und Miteinander sind. Mit Blick auf den Ist-Zustand meinte sie allerdings: «Anhand der aktuellen Debatte zeigt sich, wie überfordert unsere Gesellschaft damit ist. Es wird viel diskutiert, aber nicht untereinander.» Die Menschen verlören sich zwischen Leitkultur, Mehrheit, Minderheit, Parallelgesellschaft, stellte sie fest: «Es ist offenbar etwas schiefgelaufen. Unsicherheit steht einer Begegnung mit Menschen anderer Kulturen entgegen. Wer sich selbst nicht sicher ist, ist leicht empfänglich für Angstmacherei.»

Mit Blick auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 und die schulische Erziehung forderte sie: «Wir wissen, dass wir gemeinsam einen Weg finden müssen, damit umzugehen. Wir müssen begreifen, dass es nur eine Seite gibt: die Menschlichkeit. Das gesellschaftliche Schlüsselthema heißt schon längst Verantwortung. Wir brauchen ein Bildungssystem, das die Menschen abholt, wo immer sie stehen. Kein Kind darf verloren gehen.»

Was die Zivilcourage betreffe, so lebe die Demokratie von dieser. Knobloch betonte: «Diskriminierung ist nicht das Problem der Betroffenen, sondern das der Gesellschaft. Wir müssen gemeinsam denen entgegentreten, die diese in Gefahr bringen.»

gefahrenabwehr Und das beginnt so früh wie möglich. Minister Spaenle zeigte sich der Notwendigkeit bewusst, «den jungen Menschen zu helfen, sich selbst zu finden und selbstbewusst zu sein». Courage leite sich für ihn von Coeur, Herz, dem Handeln aus innerer Überzeugung, ab. Beispiele sind für ihn der Einsatz von Dominik Brunner, der an der S-Bahn in München von Jugendlichen zusammengeschlagen wurde, als er Kinder schützen wollte. Ein weiteres Beispiel: der durch die Zivilcourage ihrer Bürger herbeigeführte Zusammenbruch der DDR. Die Voraussetzung sei: «Wir müssen Wege zueinander gehen, nicht nebeneinander!»

Sozialverhalten Gefragt nach Beispielen von Courage nannte Charlotte Knobloch das Verhalten ihrer Retter, die während der Nazizeit unter Lebensgefahr handelten. Auch Waltraud Lucic betonte, dass Courage ein Verhalten beschreibe, das auch negative Folgen für einen selbst haben könne. Weihbischof Siebler betonte, dass der Jugend soziale Techniken vermittelt werden müssten, die von der Familie kaum noch weitergegeben würden.

Johannes Friedrich definierte Courage mit den Worten: «Sich bekennen zu dem, was einem wichtig ist.» Mit Blick auf die Jugend, die den Lehrern anvertraut ist, appellierte Waltraud Lucic: «Die Politiker bitte ich, dass sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich Schüler mit Migrationshintergrund bei uns wohlfühlen.»

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025