Bleib zu Hause

Lecker im Lockdown – auch an Jom Haazmaut

Geht auch außer Haus: Pastrami-Sandwich Foto: Getty Images / istock

Bleib zu Hause

Lecker im Lockdown – auch an Jom Haazmaut

Wer trotz abgesagter Feiern Lust auf israelisches Essen hat, kann wenigstens durch Kochen oder Take-away für ein wenig Stimmung sorgen

von Paul Bentin  28.04.2020 09:12 Uhr

Wie überall in Berlins Gastronomie lebt auch das »Café am Belvedere« am Tegeler Weg derzeit ausschließlich vom Außer-Haus-Verkauf. »Vor allem belegte Bagels, beispielsweise mit Lachs, sind im Moment sehr gefragt«, berichtet Mitarbeiterin Alla Shneiderman. »Aber auch unsere Crêpes werden oft bestellt.«

Torten und Kuchen, eine andere Spezialität des Hauses, die besonders zu Feiertagen, Barmizwa und Jom Haazmaut begehrt sind, werden dagegen derzeit wenig nachgefragt. Dafür hat sie eine gute Erklärung: »Aufgrund der Quarantänemaßnahmen verbringen alle viel Zeit in den eigenen vier Wänden – und backen und kochen daher wohl mehr als sonst.«

»Vor allem belegte Bagels, beispielsweise mit Lachs, sind im Café am Belvedere im Moment sehr gefragt.«Alla Shneiderman

So wie Anton Berstein. »Eigentlich hätte ich im März in Israel sein sollen«, sagt der 23-jährige Psychologiestudent. Doch die Corona-Krise machte ihm einen Strich durch die Rechnung. »Als dann der Lockdown kam, habe ich mich bei meiner Familie einquartiert.« Dort stand ihm genau das zur Verfügung, was in seiner WG fehlte: eine gut ausgestattete, moderne Küche. »Also fing ich an, das Kochen zu übernehmen – schließlich hatten ja auch die Restaurants und die meisten Imbisse geschlossen.«

TIPPS Hinzu kam ein weiterer Faktor. »Irgendwie hatte ich jetzt Lust, genau die Rezepte auszuprobieren, die ein wenig zeitintensiver sind, zum Beispiel Ossobuco, ein traditionelles Gericht der italienischen Küche«, sagt Berstein. Und weil das allen so gut schmeckte, wurde daraus schnell eine Routine. »Tipps und Anregungen dafür habe ich mir entweder bei Facebook und YouTube geholt oder im Chat mit Freunden.«

»Ich entwickle mehr Liebe zum Detail und verwende qualitativ hochwertigere Zutaten.« Anton Berstein

Schon vor der Pandemie hat Berstein immer gerne gekocht. »Doch der häusliche Zwangsaufenthalt motivierte mich dazu, mehr Liebe zum Detail zu entwickeln und qualitativ hochwertigere Zutaten zu verwenden.« Es gab Schmorbraten, Risotto und Hamburger mit allen Finessen. Und eines ist für Berstein sicher: »Auch wenn der ganze Spuk wieder vorbei ist, werde ich für mich oder Gäste definitiv mehr kochen als früher.«

HOMEOFFICE Für andere hat das nun häufigere Kochen noch einen weiteren Mehrwert als reinen Genuss. »Wer wie ich jetzt viel Homeoffice macht, dem hilft das häusliche Kochen tatsächlich auch, dem Alltag mehr Struktur zu verleihen«, bringt es Sarah Behrnd auf den Punkt. »Also habe ich mir eines der Kochbücher von Yotam Ottolenghi genommen und angefangen, Rezepte nachzukochen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen, weil zwischen den einzelnen Arbeitsschritten auch längere Ruhephasen nötig sind, zum Beispiel bei der Zubereitung von Teig«, sagt die 30-jährige Sachbearbeiterin für die Begabtenförderung beim jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES).

»Ich koche Rezepte von Yotam Ottolenghi nach, die mehr Zeit in Anspruch nehmen.«Sarah Behrnd

Nur ein Problem gab es dabei: »Wie wohl viele andere auch hatte ich Schwierigkeiten, Mehl und Hefe in den Supermärkten aufzutreiben.« Gerne hätte sie nach Pessach sofort wieder Challot gebacken. »Oder auch andere Brote.« Fertige Backmischungen wollte sie keinesfalls kaufen. Und die Tatsache, dass die meisten Restaurants gerade geschlossen sind, sah sie ganz sportlich. »Ich habe gelernt, das Lieblingscurry, das ich normalerweise bestelle, mir nun selbst zuzubereiten.«

Für die Gastronomie herrschen aufgrund der Corona-Krise gerade schwere Zeiten. Ihre einzigen Optionen sind Außer-Haus-Verkäufe und Lieferdienste. »Seit Mittwoch gibt es im Joseph in der Friedrichstraße daher einen Take-away«, berichtet der israelische Restaurantbesitzer und Hotelier Ariel Schiff. »Im Angebot sind auch die beliebtesten Gerichte aus dem Mani.« Die Karte ist umfangreich und enthält etwa Pastrami-Sandwiches und gefüllte Pitot mit Rind, Huhn oder auf vegetarische Art mit passenden Dips und Soßen.»

«Seit Mittwoch gibt es im Joseph in der Friedrichstraße einen Take-away mit Pitot und Pastrami-Sandwiches.»Ariel Schiff

Die Inspirationen dazu hat Schiff auf israelischen Märkten gesammelt. «Alle Festlichkeiten zu Jom Haazmaut mussten aber leider abgesagt werden.» Wer trotzdem an diesem Tag Lust auf israelisches Essen hat, kann wenigstens auf diese Weise für ein wenig Stimmung sorgen.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025