Benefiz

Kunst unter dem Hammer

Kreativ: Max Mannheimer vor einem von Julia Wegat übermalten Bild Foto: Marina Maisel

Nicht nur die Technik der Bilder, sondern auch ihre Entstehungsgeschichte lassen die Besucher die Werke der »ben-jakov-paintings«-Ausstellung eingehender betrachten. Denn zu sehen ist das Resultat eines kreativen Dialogs zweier Künstler, des 92-jährigen Schoa-Überlebenden Max Mannheimer und der fast ein halbes Jahrhundert jüngeren Künstlerin Julia Wegat.

»Es ist ein Experiment«, erklärt Mannheimer die Werke, »und es ist das Besondere, dass von beiden Malern etwas darin ist. Es ist schön, dass Julia diese Idee hatte, ich bin sehr zufrieden.« Julia Wegat hatte 17 Bilder von ben jakov – wie sich Mannheimer als Künstler nennt – übermalt. Wie von den Künstlern vereinbart, wurden sie nun bei einer Auktion zugunsten des Jüdischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern versteigert.

Anlass Mannheimers 92. Geburtstag ist für Ellen Presser, die Leiterin des Kulturzentrums, ein passender Anlass für die Ausstellung und Versteigerung der »ben-jakov-paintings«. Als »etwas Einmaliges« bezeichnet IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch diese Aktion. »Normalerweise bekommt ein Geburtstagskind Geschenke. Max Mannheimer hat uns beschenkt. Ich wollte ihm ganz herzlich dafür danken.«

Die renommierte Kunsthistorikerin Eva Gesine Bauer referiert bei der Benefizveranstaltung und moderiert zusammen mit Armand Presser die Auktion. Alle 17 Übermalungen, die in Mischtechnik mit Öl gefertigt wurden, können in Anwesenheit von Mannheimer verkauft werden.

»Wir wissen um die besondere Bedeutung dieser Bilder«, betont Charlotte Knobloch. »Wie kein Zweiter im Raum München und darüber hinaus, hast du es dir zur Aufgabe gemacht, den Menschen – vor allem den jungen Menschen – in unserem Land deine Geschichte zu erzählen. Und damit die Erinnerung an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte – der Menschheitsgeschichte insgesamt wachzuhalten.«

Leidensweg Max Mannheimer, dessen Leidensweg von Theresienstadt durch die Lager von Auschwitz, Warschau und Dachau führte, ist als Zeitzeuge ein unermüdlicher Aufklärer gegen das Vergessen. 1954 entdeckt er die Malerei zunächst als Weg, um die Bilder der Vergangenheit und den Verlust der Familie zu verarbeiten. Orientiert am russischen Maler Wassily Kandinsky beginnt Mannheimer zu malen und findet schließlich im action painting seine eigentliche künstlerische Ausdrucksform.

Denn, so die Kunsthistorikerin Eva Gesine Bauer in ihrer Einführung vor der Auktion, »dort wird nicht akkurat gemalt, dort wird die Farbe geschleudert, geschüttet, gespritzt, getropft. Deshalb war die Entscheidung für action painting die einzig richtige für Max Mannheimer. Er musste und muss so malen. Denn das wichtigste Wort in seinem Dasein war wohl: Befreiung«.

Wiederbelebung Julia Wegat ist als Schülerin des österreichischen Hyperrealisten Gottfried Helnwein für ihre plakativ-emotionalen Übermalungen eigener Bilder bekannt geworden. Bereits 2002 übergab ben jakov dafür der Kollegin einige seiner bearbeiteten Leinwände. Seitdem übermalt Julia Wegat seine Bilder. »Mir kommt es so vor«, bemerkt Bauer, »als habe Julia Wegat nur das gewollt: ben jakovs Empfindungen zum Klingen zu bringen. Hörbar zu machen mit der Stimme eines Menschen, der aus einer anderen Welt, einer anderen Zeit stammt, und sie damit gegenwärtig zu machen.«

Ein gelungenes Experiment, das aus dem kreativen Schaffen zweier Künstler aus so unterschiedlichen Generationen unverwechselbare und einzigartige Kunstwerke entstehen ließ.

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025