Berlin

Klares Urteil gegen Antisemitismus im Jugendfußball

TuS-Makkabi-Sportler werden regelmäßig antisemitisch angefeindet. Foto: picture-alliance/ dpa

Das Sportgericht Berliner Fußball-Verband e. V. hat zwei A-Jugendspieler des Charlottenburger Fußballvereins CFC Hertha 06 zu einer zweijährigen Sperre verurteilt. Bei einem Bezirksligaspiel am 13. November gegen den jüdischen Fußballklub TuS Makkabi Berlin ließen die beiden Spieler antisemitische Hassparolen los, bedrohten das Makkabi-Team und beleidigten den Schiedsrichter. Einer zeigte sogar den Hitlergruß. Der Verein CFC Hertha 06 wurde mit einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro und drei Punktabzügen sanktioniert.

Es war ein Spiel, das schon früh zu eskalieren drohte. Aus dem Urteil des Sportgerichts, das der Jüdischen Allgemeinen vorliegt, geht hervor, dass ein Schulkamerad eines Makkabi-Spielers während der ersten Halbzeit mit einer Israelflagge zum Anfeuern auf dem Platz erschienen war. Einige Hertha-06-Spieler beschwerten sich daraufhin beim Schiedsrichter. Doch dieser entgegnete, dass das Zeigen einer Fahne nicht verboten sei.

Einer der Hertha-06-Spieler soll daraufhin gerufen haben: »Nehmt die Scheißflagge weg, sonst werdet ihr und die Flagge verbrannt.« Das Makkabi-Team soll trotz solcher Anfeindungen dafür gesorgt haben, dass ihr Gast die Flagge wegpackt. Das Spiel sei daraufhin fortgesetzt worden. Am Ende gewann Makkabi.

Judenhass Als die Israelflagge nach dem gewonnenen Spiel für das Gruppenfoto nochmals hervorgeholt wurde, reagierte ein weiterer Hertha-06-Spieler offenbar aggressiv und schrie nach Angaben des Schiedsrichters quer über den Platz: »Nehmt die Fahne weg, oder ich verbrenne euch und eure dreckige Fahne, ihr Bastarde, so wie die Deutschen das mit euch gemacht haben.«

Der Schiedsrichter sei auch diesmal sofort eingeschritten und habe dem Spieler die rote Karte gezeigt. Dieser soll daraufhin gesagt haben: »Fick dich, du Hurensohn, Bastard, du bist doch von den Juden gekauft.«

Zeitgleich soll sich der andere, zuvor schon aggressiv gewordene Hertha-06-Spieler dem Makkabi-Team genähert und gedroht haben: »Ich verbrenne euch mit der Flagge«. Anschließend zeigte er den Hitlergruß. »Dies wurde erst dadurch beendet, dass zwei Mannschaftskameraden seinen Arm herunterzogen und ihn in Richtung der Kabine abdrängten«, heißt es in dem Urteil.

Beruhigt schien die Situation dadurch aber noch immer nicht. Denn laut Urteil habe sich nach dem Spiel eine Gruppe von aggressiven Erwachsenen bei dem Makkabi-Team versammelt. Besonders sei dabei eine Frau mit rot gefärbten Haaren aufgefallen, die gerufen haben soll: »Verpisst euch doch einfach, ihr Drecksvolk. Immer gibt es Stress mit euch. Immer provoziert ihr.«

sicherheit Auch diesmal habe der Schiedsrichter versucht, beruhigend einzugreifen. »Dies gelang ihm aber nicht, sodass der Platzwart die Verantwortlichen von TuS Makkabi freundlich, aber flehentlich darum bat, möglichst schnell die Sportanlage zu verlassen, weil die Situation so aufgeheizt sei, dass er für die Sicherheit der Gäste nicht garantieren könne.« Die Mannschaft habe daraufhin fluchtartig und so überstürzt das Gelände verlassen, dass die Spieler nicht einmal duschen konnten.

In dem Urteilsschreiben wird zudem geschildert, dass einer der beschuldigten Hertha-06-Spieler aussagte, zuvor von einem Makkabi-Spieler beleidigt worden zu sein. Doch diese Anschuldigung erklärten die Richter als »wahrheitswidrig«. Laut Urteil haben alle »übereinstimmend bekundet, dass es ein faires und anständig geführtes Spiel war«. Der Beschuldigte habe nicht auf vorangegangene Beleidigungen reagiert, »sondern auf die von ihm als Provokation empfundene israelische Fahne«.

»Fast jeder dritte antisemitische Vorfall auf Berliner Fußballplätzen, der RIAS Berlin bekannt geworden ist, richtete sich gegen Makkabi-Spieler oder Fans eines Makkabi-Vereins.«

Benjamin Steinitz, Projektleiter bei der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus

Reaktion Die Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) erfasst und dokumentiert antisemitische Vorfälle in ganz Deutschland. In einer Pressemitteilung vom vergangenen Sonntag erklärte RIAS, dass ihnen die Vorfälle vom 13. November bereits bekannt waren. Zudem hieß es: »Bereits in der Vergangenheit sind Hertha 06-Spieler unterschiedlicher Altersklassen durch antisemitische Anfeindungen von Makkabi-Spielern aufgefallen.«

Entsprechend zufrieden kommentierte Benjamin Steinitz, Berlin-Projektleiter von RIAS, das am 25. November verkündete Gerichtsurteil: »Ich begrüße die heute verhängten Sanktionen gegen Hertha 06 und die beiden Spieler nach den jüngsten heftigen antisemitischen Ausfällen gegen Spieler und Mitglieder von TuS Makkabi Berlin.«

Er betonte zudem, dass antisemitische Handlungen und Äußerungen von Hertha 06-Spielern gegenüber TuS Makkabi Berlin in der Vergangenheit mehrfach durch das Sportgericht bagatellisiert worden waren, und hielt fest: »Fast jeder dritte antisemitische Vorfall auf Berliner Fußballplätzen, der RIAS Berlin bekannt geworden ist, richtete sich gegen Makkabi-Spieler oder Fans eines Makkabi-Vereins.«

Auch der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland hat die Entscheidung des Berliner Sportgerichts begrüßt. »Leider mussten wir in der Vergangenheit bei ähnlichen antisemitischen Vorkommnissen Bagatellisierungen seitens der Sportgerichte beobachten. Wir hoffen nun, dass sich die Sportgerichte zukünftig noch stärker gegen jeden Antisemitismus positionieren und diesen sanktionieren«, erklärte Makkabi-Präsident Alon Meyer am Dienstag. (mit kna)

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025