Sport

In Bewegung

Makkabi-Trainer Marcel Jardinier erklärt beim Krav Maga, wie man sich im Falle eines Falles wehren kann. Foto: Marco Limberg

Es ist eine alltägliche Situation: Wir warten auf die Straßenbahn, das Smartphone in der einen Hand, die andere in der Tasche. Die Welt um uns herum blenden wir aus. Plötzlich ein stumpfer Schlag von hinten. Was tun? »Es gibt zwei Optionen«, sagt Marcel Jardinier, »weglaufen und Technik. Weglaufen, das zeig ich euch gleich. Technik kommt später.«

Es ist noch früher Morgen, als sich die vier Männer, zwei Frauen und ein Junge in dieses schreckliche Szenario eines Angriffs hineinversetzen müssen. Sie alle nehmen am Krav-Maga-Kurs des Gemeindetages teil und wollen lernen, wie man sich im Falle eines Falles wehren kann.

Ihr Trainer ist der Berliner Marcel Jardinier, und er erklärt den Teilnehmern nun, warum es lebenswichtig sein kann, nicht einfach nur geradeaus wegzurennen, wenn sie von hinten mit einem Messer angegriffen werden, sondern warum es schlauer ist, seitlich die Flucht zu ergreifen. »Wir wollen uns so schnell wie möglich in Sicherheit bringen. Wenn wir einfach geradeaus laufen, dann rennt uns der Angreifer auch so hinterher.«

Gummimesser Damit Jardiniers Erläuterung nicht nur theoretisch im Raum verharrt, wird sie in Gruppenübungen gleich in die Tat umgesetzt. Ein Gummimesser dient als Tatwaffe, zwei angedeutete Stiche, ducken und seitlich weglaufen.

Messerangriffe, erklärt der 31-Jährige, der seit über 13 Jahren Krav Maga macht und 2017 von der International Krav Maga Federation (IKMF) als Lead Instructor ausgezeichnet wurde, passieren so häufig. Früher hätte es auch Gewalt gegeben, aber heutzutage sei die Hemmschwelle bei den Menschen niedriger.

Blocken, drehen, schlagen oder treten – wenn diese Abläufe richtig flüssig ineinander übergehen, dann trainiert man schon einige Jahre. Wasilisa hatte sich eigentlich zum Yoga angemeldet, aber sie wollte mal etwas ganz Neues ausprobieren. Krav Maga schien ihr – auch bedingt durch den Sicherheitsgedanken – da passend.

Neben Schwimmen, Yoga, Faszientraining und Joggen ist die israelische Kampftechnik eine von fünf Sportarten, die auf dem Gemeindetag angeboten werden.

Verantwortlich für das Sportprogramm ist Makkabi. »Wir möchten alle in Bewegung bringen, egal wie sportlich oder unsportlich jemand ist«, sagte Makkabi Deutschland-Präsident Alon Meyer in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen. Und das klappt, denn auch beim Yoga und beim Faszientraining treffen sich noch vor dem Frühstück eine Handvoll Menschen.

Rolle Alexander Polyakov aus Hamburg fährt in die 14. Etage. Er will das Faszientraining ausprobieren. Fünf weitere Interessenten haben sich um Trainerin Giuliana versammelt. Einige sitzen im Schneidersitz auf ihren Matten, andere testen die Faszienrolle und den Faszienball aus, die Giuliana jedem in die Hand gedrückt hat.

Als Erstes will die Trainerin wissen, ob jemand Beschwerden hat. Nacken, Schulter, Rücken seien die gängigsten Stellen, die wehtun, wenn man viel sitzt und sich wenig bewegt, erklärt Giuliana. Einige Teilnehmer nicken zustimmend. Sie wissen, wovon die Trainerin spricht. »Keine Sorge«, sagt Giuliana beruhigend, »es sind heute keine sportlichen Leistungen gefragt, ich wünsche mir einfach, dass ihr mit den Übungen heute ein bisschen beweglicher werdet.«

Zuerst rollt die Fußsohle langsam über den kleinen lila Ball mit den Noppen.

Das Training beginnt sehr sanft. Zuerst rollt die Fußsohle langsam über den kleinen lila Ball mit den Noppen. Dann arbeiten sich die Teilnehmer langsam vor – Waden, Oberschenkel, Hüften, unterer Rücken, oberer Rücken, Schultern, Nacken.

Zwischendurch erklärt Giuliana anschaulich den Unterschied zwischen Muskeln und Faszien, beschreibt, wie Verhärtungen in dem Gewebe entstehen, das sämtliche Muskeln und Sehnen umgibt. Und auch, wie man das ändern kann. Die Flüssigkeit in den Faszien könne verkleben. Das tut dann weh, meint Giuliana. Ziel des Trainings sei es, die Flüssigkeit gewissermaßen in einer Richtung herauszurollen – dann kann sich die Faszie lockern.

Bein »Das ist das Gesicht, das ich sehen will«, sagt Giuliana freundlich, als Alexander die Rolle Richtung Nacken bewegt und dabei kurz zusammenzuckt. Sie empfiehlt, an den Punkten, die besonders wehtun, innezuhalten, macht auf mögliche Fehler bei der Bewegung aufmerksam, zeigt geduldig, wie das linke Bein liegen muss, während man das rechte über den Ball schiebt. Keine leichte Aufgabe, aber alle machen aufmerksam mit. Am Ende sind die Teilnehmer so begeistert, dass sie gelenkiger sind als noch vor einer Stunde – ein bewegter Start in den Tag.

»Das hat Spaß gemacht, aber es hat auch wehgetan«, sagt Alexander Polyakov aus Hamburg und reibt sich die Schulter. Er habe früher viel Sport gemacht; das Faszientraining habe ihm sehr gutgetan, trotz der Schmerzen. An den anderen Tag wolle er noch Yoga und Krav Maga ausprobieren. Dann bis Sonntagmorgen.

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025