Chemnitz

»Ich stehe vor und hinter Ihnen«

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen Foto: dpa

Nach den fremdenfeindlichen und antisemitischen Vorkommnissen der vergangenen Wochen in Chemnitz und Köthen hat der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer der Jüdischen Gemeinde Chemnitz seine volle Unterstützung zugesagt.

Bei einem spontanen Besuch im Gemeindezentrum an der Stollberger Straße am Wochenende sagte Kretschmer: »Seien Sie gewiss, dass ich vor und hinter Ihnen stehe, und erst recht dann, wenn sich Feindschaft gegen das neue jüdische Leben in unserem Land regt.«

verunsicherung Sachsens Ministerpräsident reagierte mit seinem Besuch auf die Verunsicherung der Jüdischen Gemeinde durch die rechtsradikalen Aufmärsche und Angriffe auf »nichtdeutsch« aussehende Menschen. Binnen kürzester Zeit war ein Klima der Angst entstanden. Zudem hatten Vermummte das jüdische Restaurant »Schalom« sowie seinen Betreiber Uwe Dziuballa attackiert und antisemitische Parolen gebrüllt.

»Wir freuen uns riesig über Ihr Kommen«, ließ ihn die Vorsitzende Ruth Röcher bei dem kurzfristig angesetzten Treffen wissen, »gerade jetzt, wo die jüngsten Ereignisse so viele Menschen, und natürlich auch uns, verunsichern.« Die neue Unsicherheit war dann auch das beherrschende Thema bei der Gesprächsrunde, zu der auch zahlreiche Gemeindemitglieder erschienen waren.

Einige von ihnen äußerten Zweifel, ob der Rechtsstaat wirklich noch Herr der Lage sei. Das Gefühl von Bedrohung speise sich dabei zum einen aus den vermehrt rechtsextremen Aktivitäten und neonazistischen Übergriffen, zum anderen aus bekannt gewordenen Straftaten von Flüchtlingen.

zusammenarbeit »Ich kann Ihre Ängste gut verstehen«, sagte Michael Kretschmer und bot eine engere Zusammenarbeit von Landesregierung, Gemeinde und Chemnitzer Polizeipräsidium an. Eine allgemeine Überprüfung, ob die jüdischen Einrichtungen der Stadt ausreichend gesichert seien, solle ebenfalls erfolgen. Außerdem ließ der Ministerpräsident durchblicken, dass der Freistaat Sachsen die Einsetzung eines eigenen Beauftragten im Kampf gegen Antisemitismus erwäge.

Der seit Dezember 2017 amtierende Kretschmer sucht ganz bewusst den Kontakt zu Minderheiten in Sachsen. Schon bei den Chemnitzer Tagen der jüdischen Kultur im März war er zu Gast in der Gemeinde gewesen.

Einig waren sich der 43-Jährige und die anwesenden Gemeindemitglieder auch darin, dass das öffentliche Klima nicht von Populisten, Radikalen und Militanten beeinträchtigt werden dürfe. »Es kann nicht sein, dass demokratische Prinzipien und ethische Werte einfach radikal infrage gestellt werden. Lassen Sie uns gemeinsam dagegen angehen«, betonte der Ministerpräsident.

hetze Dass die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, bestehend vor allem aus »Kontingentflüchtlingen«, die Anfang der 90er-Jahre aus der früheren Sowjetunion nach Deutschland gekommen waren, bisher sehr gern in der Stadt leben, unterstrich nicht nur Ruth Röcher.

»Wir verstehen uns schon lange als Teil der Stadt, haben Arbeit und Freunde gefunden und sind dankbar für die enorme Unterstützung unsere Gemeinde«, betonte auch Gemeindevorstand Anatol Oratovski. »Wir wollen auch weiterhin offen sein für die verschiedensten Bevölkerungsgruppen – und gemeinsam Front gegen Hetze und Rassismus machen.«

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Das ist fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025