ZWST

Herausforderungen 4.0

Das Programm ist gezielt auf junge jüdische Erwachsene zugeschnitten. Foto: Gregor Zielke

Wenn der Tagungsraum gut gefüllt ist und die Anwesenden mit ihren Fragen nicht bis zum Ende der Vorträge der Referenten warten wollen, dann können die Veranstalter mit Gewissheit sagen, dass sie bei der Wahl ihres Themas wohl voll ins Schwarze getroffen habe. Genau das ließ sich am Wochenende in Berlin bei dem Seminar »Ökonomie 4.0 – Was kostet die Welt?« der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) beobachten.

Digitalisierung »Schließlich betreffen die Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, wirklich jeden von uns«, betonte Sabine Reisin. »Dabei geht es nicht nur um die technologischen Umwälzungen, sondern auch um die Auswirkungen solcher Transformationsprozesse auf die Gesellschaft und die Frage nach ihrer sozialen Verträglichkeit«, sagte die langjährige Organisatorin von ZWST-Bildungsprojekten. »Und da sind auch wir als Juden aufgefordert, Antworten zu finden.«

Das Programm ist gezielt auf junge jüdische Erwachsene zugeschnitten. »Denn die meisten befinden sich entweder am Ende ihres Studiums oder sind gerade erst in das Berufsleben eingestiegen, weshalb sie diese Entwicklungen besonders stark zu spüren bekommen.«

AUFTAKT Den Auftakt bildete ein Workshop mit dem Titel »Ökonomie 4.0: Künstliche Intelligenz und Automation« unter Leitung von Benny Fischer von der ZWST-Stabsstelle Digitale Transformation. Im Rahmen eines interaktiven Quiz‹ stieg man spielerisch in die Themen des Seminars ein.

Ganz konkret wurde es dann bei dem Vortrag von Ralf Rukwid, politischer Sekretär im Funktionsbereich Grundsatzfragen und Gesellschaftspolitik der IG Metall, am Beispiel der Automobilindustrie. Deren traditionelle Geschäftsmodelle werden gerade durch disruptive Veränderungen wie Autonomes Fahren und den Systemwechsel weg vom Verbrennungsmotor massiv infrage gestellt.

Es geht dabei auch immer um das Soziale und die Verantwortung.

»Ein Elektroauto braucht nun einmal keinen Auspuff oder Katalysator mehr«, betont er. Außerdem: »Gelerntes veraltet heute einfach viel schneller als früher.«
Aufgabe der Gewerkschaften sei es daher, auf diesen Wandel nicht einfach nur zu reagieren, sondern ihn aktiv mitzugestalten.

Eine speziell jüdische Perspektive brachten dann Rabbinerin Elisa Klapheck sowie der Jurist Abraham de Wolf, beide Initiatoren von »Torat HaKalkala – Verein zur Förderung der angewandten jüdischen Wirtschafts- und Sozialethik«, in die Diskussionen ein.

»WIRTSCHAFTSHALACHA« Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen steht all das, was die beiden unter dem Stichwort »Wirtschaftshalacha« verstehen. »Es ist geradezu unethisch, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben«, ist Klapheck überzeugt.

Und de Wolf ergänzte, dass es dabei auch immer um das Soziale und die Verantwortung gehe, wobei er auf die Bekleidungsindustrie verwies, den wohl ältesten globalisierten Wirtschaftszweig der Menschheit, in dem Juden oft eine zentrale Rolle spielten. »Wir kleiden uns mit Textilien, die unter Bedingungen hergestellt wurden, die wir in unserer eigenen Gesellschaft nicht mehr tolerieren.«

Wie Angebot, Nachfrage und Wettbewerb in diesem Kontext trotzdem eine ethische Komponente erhalten, zeigte er am Beispiel des Bündnisses für nachhaltige Textilien, in dem sich 72 Unternehmen zur Einhaltung von Mindeststandards wie dem Verbot von Kinderarbeit und dem Einsatz umweltschonender Stoffe verpflichtet haben. Reichlich Input gab es ebenfalls zu den Themen »Menschenrechte und Elektronik« sowie »bedingungsloses Grundeinkommen«.

www.zwst.org

Hannover

»Wir sind hier und wir bleiben hier«

Im September wird die Liberale Jüdische Gemeinde 30 Jahre alt. Gegründet wurde sie einst von drei Frauen. Ein Gespräch mit Geschäftsführerin Rebecca Seidler über Generationen, Sicherheit und eine große Portion Optimismus

von Katrin Richter  04.09.2025

Osnabrück

Leben, Lieben, Lachen

Die Jüdische Gemeinde hat ihr erstes Jüdisches Kulturfestival auf die Beine gestellt – mit einem beeindruckenden Programm

von Sophie Albers Ben Chamo  04.09.2025

Frankfurt

Persönlichkeiten mit Haltung

Der Architekt Salomon Korn und der Mediziner Leo Latasch erhalten das Ehrensiegel der Jüdischen Gemeinde

von Eugen El  04.09.2025

Jewish Women* Empowerment Summit

Neue Bündnisse finden

Auch feministische Kreise schlossen jüdische Frauen nach dem 7. Oktober aus. Auf dem Kongress der Bildungsabteilung und der ZWST soll das thematisiert werden. Ein Essay der Keynote-Speakerin Merle Stöver

von Merle Stöver  03.09.2025

Darmstadt

Jüdische Kulturwochen: Großer Andrang bei Eröffnung

Das Programm schließt den Extremismusforscher Ahmad Mansour mit ein

von Imanuel Marcus  03.09.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  02.09.2025

Universität

Starke junge Stimme

Seit dem 7. Oktober 2023 versucht der Verband Jüdischer Studenten in Bayern, mit seinen Aktivitäten vor allem auf dem Campus einen Weg zurück zur Normalität zu finden

von Luis Gruhler  02.09.2025

Hilfe

»Licht in den Alltag bringen«

Naomi Birnbach über den Berliner Mitzwa Express, der mit Kindern arbeitet und den vom Terror schwer getroffenen Kibbuz Kfar Aza unterstützt

von Christine Schmitt  02.09.2025

Unterstützung

38.000 jüdische Kontingentflüchtlinge erhielten Rentenausgleich

Nach Angaben der Stiftung Härtefallfonds des Bundes wurden insgesamt 169.000 Anträge geprüft

 01.09.2025