Potsdam

Gleiches Recht für Rabbiner

Jonah Sievers Foto: Marco Limberg

Potsdam

Gleiches Recht für Rabbiner

ARK fordert eigenes theologisches Seminar

 25.07.2011 19:14 Uhr

In die Verhandlungen um den Ausbau der »Jüdischen Studien« an der Universität Potsdam hat sich jetzt auch die Allgemeine
Rabbinerkonferenz (ARK) Deutschlands eingeschaltet. In einem Brief an Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) appelliert der Vorsitzende der Konferenz, der niedersächsische Landesrabbiner Jonah Sievers (Braunschweig) an die Brandenburgische Landesregierung, die rechtlichen Strukturen an der Universität zu schaffen, um die akademische Rabbinerausbildung nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrats auszurichten, heißt es in einer Meldung der Katholischen Nachrichten Agentur KNA.

Die Universität Potsdam verhandelt mit dem Abraham-Geiger-Kolleg über ein neues Kooperationsabkommen. Bislang ist das Kolleg lediglich ein »An-Institut« ohne die Möglichkeit, Promotionen und Habilitationen durchzuführen. Defizite bestehen bei der Abdeckung des Fächerkanons – so müssen die Rabbiner-Studenten einige Kernfächer an fremden Instituten, etwa dem Institut für Religionswissenschaften, absolvieren. Ein jüdisches Mitspracherecht für die Besetzung dieser Professuren gibt es nicht, bemängelt Sievers.

Strukturen Einen von der Universität Anfang Juni vorgelegten Vertragsentwurf lehnte das Kolleg als unzureichend ab. Sievers betont in seinem Schreiben, der Bund werde durch eine Anschubfinanzierung des geplanten Jüdischen Zentrums Berlin-Brandenburg wesentliche Lücken bei der Abdeckung der Kernfächer schließen helfen. »Doch die strukturellen Anpassungen muss das Land Brandenburg beisteuern, damit es zu einer mit den in der Einrichtung befindlichen Islamischen Zentren vergleichbaren Ausstattung des Abraham-Geiger-Kollegs kommt«, so die Rabbinerkonferenz.

Für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen des Kollegs mit der Universität »sehen wir unsererseits auch das Antragsvorhaben zum Jüdischen Zentrum Berlin-Brandenburg gefährdet, dessen wesentliches Teilziel die Arrondierung der Rabbinerausbildung in Deutschland ist«, heißt es in dem Schreiben weiter. Die ARK könne dann einem solchen Vorhaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ihre »Zustimmung nicht mehr gewähren«.

Eigenständigkeit Alternativ zu den laufenden Verhandlungen bittet die Vertretung der nichtorthodoxen Rabbiner die Landesregierung, selbst in der Angelegenheit aktiv zu werden und die Errichtung eines eigenständigen Instituts für Jüdische Theologie mit vier bis sechs Lehrstühlen und den Islamischen Zentren gewährten Ausstattungsmerkmalen als Gesetzesvorhaben in den Landtag Brandenburg einzubringen.

In der Vergangenheit hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ausdrücklich das Vorhaben begrüßt. Der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz, Erich Thies, plädierte kürzlich ebenfalls für eine Gleichstellung der Rabbinerausbildung mit derjenigen von christlichen Geistlichen und muslimischen Imamen.

Das Abraham-Geiger-Kolleg hat sich nach Angaben Sievers’ in den vergangenen zwölf Jahren »zu einer einzigartigen Einrichtung in Europa entwickelt«. In Potsdam ausgebildete Rabbiner übten heute ihr Amt in Afrika, Nord- und Lateinamerika, Israel sowie Zentral- und Osteuropa aus. Mit dem Ordinationsjahrgang 2011 würden seine Absolventen bereits fast die Hälfte der Mitglieder der ARK stellen.

Im Herbst sollen fünf weitere Absolventen ordiniert werden. Unter ihnen die 1960 in Nürnberg geborene Ärztin Yael Deusel. Sie und ihre vier männlichen Kollegen sollen am 23. November ihre Rabbiner-Smicha in Bamberg erhalten. Deusel wird in Bamberg bleiben. Ihre Jahrgangskollegen stammen aus den USA, Frankreich, der Ukraine und Deutschland und werden voraussichtlich in Genf und Paris arbeiten.

Die Stelle in Delmenhorst werde nicht anders besetzt, sagte deren Gemeindevorsitzender Pedro Becerra. »Frau Treiger ist und bleibt unsere Rabbinerin«, sagte Becerra dem Evangelischen Pressedienst. In der vergangenen Woche hatte das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam mitgeteilt, dass ein Absolvent eine Stelle in Delmenhorst übernehmen werde. »Dies ist falsch«, betonte Becerra. Die 32-jährige Treiger betreut seit November die Gemeinden Oldenburg und Delmenhorst als Rabbinerin. epd/kna/ja

Porträt der Woche

Familie, Glaube, Neubeginn

Edouard Joukov stammt aus Russland und fand seinen Platz in der Ulmer Gemeinde

von Brigitte Jähnigen  28.11.2025

Doppel-Interview

»Wir teilen einen gemeinsamen Wertekanon«

Vor 60 Jahren brachte das Konzilsdokument »Nostra aetate« eine positive Wende im christlich-jüdischen Dialog. Bischof Neymeyr und Rabbiner Soussan blicken auf erreichte Meilensteine, Symbolpolitik und Unüberwindbares

von Karin Wollschläger  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Mitzvah Day

Grünes Licht

Jüdische Gemeinden und Gruppen gestalteten deutschlandweit den Tag der guten Taten

von Katrin Richter  27.11.2025

Düsseldorf

Cooler Kick

Beim Ilan Fiorentino Cup kamen im Gedenken an Spieler aus dem Kibbuz Nahal Oz Israelis, Exil-Iraner und das NRW-Landtagsteam zu einem Freundschaftsturnier zusammen

von Jan Popp-Sewing  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Berlin

Es braucht nur Mut

Das Netzwerk ELNET hat zwei Projekte und einen Journalisten für ihr Engagement gegen Antisemitismus ausgezeichnet. Auch einen Ehrenpreis gab es

von Katrin Richter  26.11.2025

Feiertage

Chanukka-Geschenke für Kinder: Augen auf beim Kauf

Gaming-Konsole, Teddybär oder Carrera-Bahn - Spielzeug dürfte bei vielen Kindern auf dem Wunschzettel stehen. Worauf zu achten ist - und wann schon der Geruch stutzig machen sollte

 26.11.2025