Berlin

Igor Levit gibt Solidaritätskonzert

»Mitgefühl ist das Minimum«: Igor Levit Foto: Gregor Matthias Zielke

Berlin

Igor Levit gibt Solidaritätskonzert

Der Star-Pianist spielt für die Geiseln der Hamas

von Christine Schmitt  18.01.2024 07:21 Uhr

Idit Ohel, Mutter einer Geisel, stellt eine Sanduhr auf den Stutzflügel. »Die Zeit läuft ab«, sagt sie. Je länger sich die von der Hamas entführten Geiseln in der Gewalt der Terrororganisation befinden, desto geringer ist die Hoffnung auf Befreiung.

Sonntagnachmittag in der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel: Zu einer Solidaritätsveranstaltung für Israel sind neben der Schoa-Überlebenden Margot Friedländer, dem Vorstandsvorsitzenden der Verlagsgruppe Axel Springer SE, Mathias Döpfner, und Autor Ahmad Mansour etwa 250 weitere Gäste gekommen. »You are not alone«, so steht es in gelben Buchstaben, die auf dem Stutzflügel aufgebaut sind.

Idit Ohel, die aus Israel angereist ist, erlebt viel Empathie, als sie vor den geladenen Gästen über ihren Sohn spricht, der von der Hamas entführt wurde. »Ich vermisse ihn so sehr.« Mit neun Jahren hat er das Klavier für sich entdeckt. »Er lächelte bisher immer und war voller Energie.« Sie hofft, dass ihr Sohn bald zurückkehrt und ihr Haus wieder voller Musik ist. Der 22-Jährige wurde am 7. Oktober während des Nova-Musikfestivals in der Nähe des Kibbuz Re’im entführt.

An öffentlichen Orten steht ein gelber Flügel, der von jedem gespielt werden darf und soll

An sein Schicksal und das der mehr als 100 weiteren Geiseln will seine Familie mit der Initiative »Das gelbe Piano« erinnern, die auch vom Jüdischen Weltkongress unterstützt wird. An öffentlichen Orten steht ein gelber Flügel, der von jedem gespielt werden darf und soll, der die Aktion unterstützen möchte. So bereits geschehen in Tel Aviv und Tokio. Auch in der James-Simon-Galerie bleibt der Flügel vorerst – und jeder ist eingeladen, auf ihm zu spielen.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, spricht über das »unvorstellbare Leid« der betroffenen Familien. Ferner sei er besorgt über den wachsenden Antisemitismus im gesellschaftlichen und kulturellen Umfeld.

Israels Botschafter Ron Prosor betont, sein Land werde nie wieder so sein wie vor dem 7. Oktober. »Wir haben gar nicht die Qual der Wahl. Wir haben die Pflicht, aber auch das Recht, unsere Bevölkerung zu verteidigen.« Die Zerstörung von Hamas und die Befreiung der Geiseln hätten gleichermaßen oberste Priorität in Israel. »Alons Talent und seine Begabung für Musik führen uns einmal mehr vor Augen, wie wichtig es ist, ihn und seine Freunde wieder nach Hause zu bringen«, sagt Prosor. »Diese jungen Menschen sollen ihr Potenzial entfalten können und dafür nutzen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.«

Felix Klein kritisiert das Schweigen der Künstler

Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, kritisiert das Schweigen der Künstler, die sich sonst zu vielen Themen zu Wort melden und sich etwa zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder zum Kampf um Frauenrechte im Iran geäußert haben. Sie seien nun erstaunlich still. »Ich interpretiere diese Stille so, dass bei einigen die Solidarität mit Israel gerade nicht en vogue zu sein scheint.« Und auch von der Klubszene hätte er mehr erwartet. An Idit Ohel gerichtet, sagt Klein, ihr Sohn sei nach der Befreiung eingeladen, ebenfalls an diesem Ort zu spielen.

Schließlich tritt Igor Levit ans Mikrofon. Er wolle sein Mitgefühl zum Ausdruck bringen. »Das ist das Minimum.« Der Pianist hofft, mit Alon in naher Zukunft vierhändig am Klavier improvisieren zu können. Dann setzt er sich an den Flügel und spielt die Intermezzi op. 117 von Johannes Brahms. Der Komponist nannte sie »Drei Wiegenlieder meiner Schmerzen«.

Nach dem offiziellen Teil spricht auch Margot Friedländer mit Idit Ohel. »Geben Sie die Hoffnung nicht auf, Sie müssen weiterkämpfen. Ich kämpfe auch jeden Tag«, so die 102-Jährige. »Das gelbe Piano« wird noch bis zum 28. Januar in der James-Simon-Galerie stehen.

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