Ausstellung

Erinnerungsreisen

Bei der Ausstellungseröffnung: Patrick Zachmann und Charlotte Knobloch Foto: Peter Tröger

»Ist man noch Jude, wenn man seine Religion und Kultur nicht kennt?« Mit dieser Frage nach der eigenen Identität begab sich der französische Fotograf Patrick Zachmann auf eine Suche nach seinen Wurzeln, seiner Verantwortung in dieser Welt.

In der Ausstellung Voyages de mémoire – Erinnerungsreisen lässt er derzeit den Besucher an seinen Exkursionen in die eigene Familiengeschichte teilhaben, an der Leidensgeschichte der Juden in Frankreich, Polen und Ungarn während der NS-Zeit, den Folgen von Verfolgung in Chile und Genozid in Ruanda, und nimmt ihn mit auf seine fotografischen Ausflüge in das jüdische Leben in Frankreich, von den erkennbaren Orthodoxen bis zu den unsichtbaren Juden, von Paris bis Marseille.

premiere Die Präsentation, die auf einer Premiere des Musée d’Art et d’Histoire du Judaïsme in Paris 2021/2022 basiert, wurde von der Kulturstiftung der Versicherungskammer und deren Kuratorin Isabel Siben nach München geholt.

Da zwischen der Versicherungskammer und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern gute Beziehungen bestehen und IKG-Präsidentin Charlotte Knob­loch eine große Affinität zu Film und Fotografie hat, kam sie zur Vernissage. In ihrem sachkundigen Grußwort kam ein tiefes Verständnis für Zachmanns Arbeit zum Ausdruck: »Sie widmen sich den immer wieder gestellten, aber kaum je beantworteten Fragen von Vergessen und Bewahren, von Erhalt und Preisgabe der Erinnerung, die auch in der jüdischen Gemeinschaft in Frankreich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von überragender Bedeutung waren.«

Der 1955 in Paris geborene Fotograf Patrick Zachmann ist seit Ende der 70er-Jahre als unermüdlicher Reporter unterwegs.

Der 1955 in Paris geborene Fotograf Patrick Zachmann ist seit Ende der 70er-Jahre als unermüdlicher Reporter unterwegs. International bekannt wurde er durch seine Fotos von mehreren China-Reisen. Er hat das Gespür, in wichtigen Momenten der Weltgeschichte vor Ort zu sein, ob an Bord des Flugzeugs, das Ayatollah Khomeini 1979 von Paris nach Teheran zurückbrachte, oder während der Friedensdemonstrationen am Tiananmen-Platz 1989 in Peking. Sein Versuch, an der Willkommensszene für Nelson Mandela im Februar 1990 in Kapstadt teilzunehmen, endete im Krankenhaus, weil er auf dem Weg in Straßenkrawalle geriet und verletzt wurde.

magnum Seit 1985 ist Zachmann Mitglied der legendären Fotoagentur MAGNUM, deren Konzept engagierter Sozialreportagen er sich voll zu eigen gemacht hat. Seit über 40 Jahren schreibt er sich in das – nach eigenen Worten – »kollektive Gedächtnis ein und hält der Gesellschaft einen Spiegel vor; sie entscheidet dann, ob sie sich darin betrachtet oder nicht«. Er für seinen Teil hat es getan und mit der Zeit verstanden, dass »jüdische Kultur nicht nur Hut und Bart« sei.

Das Schweigen seiner Eltern, die ihre Kinder zu reinen Franzosen erziehen wollten, zwang ihn geradezu hinein in eine sieben Jahre währende fotografische Suche: »Die Fotografie hat mir erlaubt, die Familienalben zu rekonstruieren, die ich nie hatte.« Schließlich sprach der Vater 1997 dann doch, was Zachmann ein neues Medium eröffnete, den Film. Seine halbstündige Reportage La Mémoire de mon père ist in der Ausstellung zu sehen.

Für Patrick Zachmann und seine Agentin Anna-Patricia Kahn, die zuletzt das fotografische Lebenswerk von Inge Morath ins Kunstfoyer brachte, wurde die positive Resonanz auf die aktuelle Ausstellung zur großen Freude.

Die Ausstellung »Voyages de mémoire – Erinnerungsreisen« ist bis 20. August täglich von 9.30 bis 18.45 Uhr im Kunstfoyer der Versicherungskammer, Maximilianstraße 53, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Am Sonntag, 30. Juli, 9.30 Uhr, gibt es eine Führung (5 €), zu der eine Voranmeldung bis 28. Juli im IKG-Kulturzentrum unter karten@ikg-m.de erbeten wird.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025