Magdeburg

Endlich im Neubau

Die Baustelle gehört der Vergangenheit an. Am 10. Dezember wird die Tora eingebracht. Foto: Maria Schubert

Mit einem Umzug vom Mahnmal für die alte zerstörte Synagoge zum neuen Gebäude wird die Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg am 8. Dezember feierlich ihre Torarolle einbringen. Anschließend findet der erste Gottesdienst in dem Neubau statt.

Die jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt haben Grund zum Feiern: Ende Oktober wurde in Dessau der erste Neubau einer Synagoge im Land nach dem Novemberpogrom 1938 eröffnet. Am Sonntag, 10. Dezember, wird die nächste Synagoge eingeweiht – in Magdeburg, direkt in der Innenstadt, nur gut 200 Meter vom alten Standort entfernt, an dem einst das jüdische Gotteshaus aus dem 19. Jahrhundert stand.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), Israels Botschafter Ron Prosor und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wollen zur Eröffnung kommen.

Ein lang gehegter Traum

Für die Synagogen-Gemeinde in Magdeburg geht damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung, sagt die Vorstandsvorsitzende Inessa Myslitska. Seit Jahrzehnten trifft sich die Gemeinde in einem viel zu kleinen Versammlungsraum in einer alten Villa. Dass dieser Zustand nun beendet ist, wird vier Wochen lang gefeiert – der Lage in Nahost zum Trotz: Die »Festtage jüdischer Kultur« dauern bis zum 17. Dezember. Geplant sind 30 Veranstaltungen, darunter unter anderem Konzerte, Gespräche, Lesungen und Filmvorführungen.

»Wir werden auf jeden Fall feiern, das ist ein großer Tag für uns«, sagt Myslitska. 85 Jahre lang habe man auf diesen Tag gewartet, nun habe die Gemeinde wieder ein eigenes Gotteshaus. Gut 400 Mitglieder gehören nach ihren Angaben der Synagogen-Gemeinde an. Rund 80 Juden waren es kurz nach Kriegsende, erst mit dem Zustrom von Kontingentflüchtlingen aus der ehemaligen Sowjetunion wuchs die Zahl wieder auf über 600 an.

Im Jahr 2005 spaltete sich die Liberale Jüdische Gemeinde mit heute rund 120 Mitgliedern ab. Aus demografischen Gründen sei die Mitgliederzahl in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen, sagt Myslitska. Rund 120 Plätze wird die Synagoge haben – der vorherige Bau hatte 1300. Die Baukosten wurden mit rund 3,4 Millionen Euro angegeben, davon 2,8 Millionen als Zuschuss vom Land Sachsen-Anhalt.

Kosten in die Höhe geschnellt

Doch inzwischen sind die Kosten aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen in die Höhe geschnellt – wie hoch, kann Myslitska noch nicht abschließend sagen. Kräftig mitgeholfen bei der Finanzierung hat auch ein rund 60 Mitglieder starker Förderverein, dem Waltraut Zachhuber, ehemalige Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Magdeburg, vorsteht. »400.000 Euro hatten wir uns als Ziel gesetzt, knapp 500.000 Euro haben wir geschafft«, berichtet sie. Damit seien Teuerungen am Bau ein Stück weit abgedeckt.

Auch aus den christlichen Gemeinden sei für die neue Synagoge gespendet worden. Unter anderem hätten der evangelische Kirchenkreis und die Gemeinden in einem Jahr rund 100.000 Euro gesammelt, ebenso habe es von der Landeskirche Zuwendungen gegeben. Katholisches Bistum und Dekanat Magdeburg hätten gut 20.000 Euro dazu gegeben.

Bereits 1999 wurde der Förderverein gegründet. Dass es bis zur Fertigstellung der Synagoge bis jetzt gedauert hat, geht unter anderem auch auf die Auseinandersetzung mit der liberalen Gemeinde zurück. Dort hat man lange Zeit gehofft, eine Synagoge mit zwei Gebetsräumen, einen für jede Gemeinde, bauen zu können. Doch das, betont auch Zachhuber, wäre zu teuer geworden. Jetzt ist die liberale Gemeinde beim Neubau außen vor.

Deren Gemeindemitglieder dürften zwar dort an den Gottesdiensten teilnehmen, aber nicht im eigenen Ritus feiern, sagt Inessa Myslitska. »Inakzeptabel« nennt das Larisa Korshevnyuk, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde. »Gerade in diesen Zeiten verstehe ich das nicht und bin bitter enttäuscht.« cs/epd

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Tage im Mai

Am Wochenende beginnt mit »Youth4Peace« ein Treffen von 80 jungen Erwachsenen aus 26 Ländern. Sie wollen über Frieden und Demokratie sprechen. Auch Gali und Yuval aus Israel sind dabei

von Katrin Richter  01.05.2025

Frankfurt

Zwischen den Generationen

2020 führten Jugendliche gemeinsam mit Überlebenden der Schoa ein »Zeitzeugentheater« auf. Nathaniel Knops Dokumentarfilm »Jetzt?« zeigt dessen Entstehung und feierte nun Premiere

von Eugen El  01.05.2025