Jewish Quiz

»Eine Riesen-Mischpacha«

Das alles entscheidende Stichwort dieses bis zuletzt spannenden Abends lautet »Disney«. Es ist Samstag, der Schabbat ist gerade zu Ende gegangen. Zvi Bebera, Nachumi Rosenblatt und Marat Schlafstein sind mit den letzten Vorbereitungen für das »Jewish Quiz Reloaded« beschäftigt. Jetzt geht es nur noch um Details, denn eigentlich steht alles. In zwei Stunden beginnt die lang ersehnte große Show, für die über 500 jüdische Jugendliche aus ganz Deutschland von Freitag bis Sonntagmittag nach Frankfurt gekommen sind.

Ins Leben gerufen wurde das »Jewish Quiz« vom Frankfurter Jugendzentrum »Amichai«, das das bundesweite jüdische Quiz-Event von 2016 bis 2018 in Frankfurt ausrichtete. »Wir haben angefangen, darüber zu sprechen, das Format gemeinsam auszurichten«, erinnert sich Marat Schlafstein, Abteilungsleiter für Programme und Veranstaltungen beim Zentralrat der Juden in Deutschland. »Dann ist etwas passiert«, wirft »Amichai«-Leiter Zvi Bebera ein. Die Corona-Pandemie legte die Konzeption für das Großereignis jahrelang auf Eis.

Es ist eine Premiere an diesem Wochenende

An diesem Wochenende findet nun eine Premiere statt: »Es ist das erste Mal, dass wir das Event als Zentralrat und ZWST in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt übernommen haben«, sagt Schlafstein. Die lange Pause habe dafür gesorgt, dass die meisten der diesjährigen Teilnehmer im Alter von 14 bis 18 Jahren das Format noch nicht aktiv erleben konnten: »Es ist eine ganze Generation, die das Jewish Quiz nicht kennt.«

»Eine Riesen-Mischpacha« sei hier zusammengekommen, freut sich Nachumi Rosenblatt, Leiter des Kinder-, Jugend- und Familienreferats der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Beim Schabbateingang hätten alle das Gebet mitgesungen, das sei berührend gewesen: »Eine tolle Stimmung.« Auch das Workshop-Programm am Schabbat hätten die Jugendlichen mit Interesse angenommen, sagt Rosenblatt. Das Themenspektrum reichte von jüdischen Superhelden über den erfolgreichen Social-Media-Auftritt bis hin Inklusion und Brettspielen. Ein »Full Body Workout« wurde ebenso angeboten wie ein Aufwärmtraining für den Quizabend.

Zur Hawdala füllt sich das Hotelfoyer, bis kaum mehr ein Durchkommen möglich ist. Die Jugendlichen tragen T-Shirts und Kapuzenpullis mit den Logos und Mottos ihrer Teams – einige Jugendzentren wie etwa Hamburg und Berlin sowie Stuttgart und Nürnberg treten gemeinsam beim »Jewish Quiz« an. Kippot mit »JQ«-Logo bedecken die Köpfe der männlichen Teilnehmer. Rabbiner Elishai Zizov läutet den Beginn der neuen Woche ein. Die anschließende Zeremonie steht ganz im Zeichen von Wärme und Gemeinschaft: Die Jugendlichen stehen Arm in Arm und singen den Segen mit.

Nach dem Abendessen ist es endlich so weit, und die Türen des großen Kongresssaals gehen auf. Sogleich herrscht dort Party-Stimmung: Die Teams schwenken ihre eigens angefertigten Fahnen und proben lautstark ihre Fan-Gesänge, einige tanzen zu den vom DJ eingespielten israelischen Party-Hits. Punkt 20 Uhr eröffnet Moderator Jurij Belenkiy die Show: »Herzlich willkommen bei JQ 2024 – es wird ein legendärer Abend«, verspricht der Webvideoproduzent, dessen TikTok-Account »Kapuzenjuri« eine Million Follower erreicht.

Acht Teams treten beim diesjährigen »Jewish Quiz« gegeneinander an

Insgesamt acht Teams treten beim diesjährigen »Jewish Quiz« gegeneinander an. Auf einem von den Pulten umrahmten Bildschirm sind die zehn Themenkategorien zu sehen, hinter denen sich je acht Quizfragen mit steigendem Schwierigkeitsgrad und von 100 bis 800 gestaffelter Punktezahl verbergen: Allgemein, Judentum, Sport, Entertainment, Israel, Aktuelles, Geschichte/Politik, Geografie, ZWST/Zentralrat und Musik.

Die ersten 100 Punkte aus der Kategorie »Judentum« gehen an das Team »Halemet«, das am schnellsten den Buzzer drückt und die Frage nach dem Namen des jüdischen Gebetsriemens sogleich richtig beantwortet: Tefillin! Jetzt darf das Team die nächste Kategorie wählen, und »Halemet« entscheidet sich wieder für »Judentum«. »WeZair Westfalia« holt sich 200 Punkte für die richtige Definition des Konzepts »Tikkun Olam« (Reparatur der Welt).

Die Teams wetteifern sichtlich motiviert um die Möglichkeit, die Fragen als Erstes zu beantworten und demonstrieren sogleich einen breiten Wissenshorizont: Der jüdische Protagonist der TV-Serie The Big Bang Theory (Howard Wolowitz) ist ihnen ebenso ein Begriff wie die Finalteilnehmer der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft (England und Spanien) und die Bezeichnung des jüngst vorgestellten Apple-Smartphones.

Immer wieder kommt an diesem Quizabend regelrechtes Stadionfeeling auf, wenn die Fanblocks der teilnehmenden Teams ihre sorgsam einstudierten Jubelgesänge anstimmen. Vor allem aber bleibt das »Jewish Quiz« bis zum Schluss spannend, denn lange liegen die ersten Plätze gleichauf oder äußerst knapp beieinander.

»Es geht um alles«

»Es geht um alles«, schwört Jurij Belenkiy die Teams auf die letzten verbleibenden Fragen ein. Der Showdown folgt nach über drei Stunden, als die entscheidende letzte Quizfrage ansteht und nur noch »Chasak x Olam« und »Neschama« aus München den ersten Platz holen können: »Welches Unternehmen kaufte Lucasfilm im Jahr 2012 und erwarb damit die Rechte an ›Star Wars‹?«

Lesen Sie auch

Neschama drückt als Erstes auf den Buzzer und antwortet »Disney«. Der Moderator lässt sich Zeit mit der Auflösung, während sich im Saal Jugendliche mit leuchtenden Augen zuflüstern: »Disney! Es ist Disney!« Und tatsächlich gibt es um 23.30 Uhr kein Halten mehr im Neschama-Block, denn das Jugendzentrum der IKG München und Oberbayern hat mit 4600 Punkten das »Jewish Quiz« 2024 gewonnen. Nach der Ehrung der Zweit- und Drittplatzierten, »Chasak x Olam« und »Amichai« Frankfurt, kommt das gesamte Münchner Siegerteam auf die Bühne, um sichtlich stolz und freudig die Medaillen und den Siegerpokal entgegenzunehmen.

Lesen Sie mehr in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025