Kunst

Documenta sagt »Auschwitz on the Beach« ab

Foto: dpa

Die umstrittene documenta-Performance »Auschwitz on the beach« ist abgesagt worden. Damit reagiere die documenta auf Beschwerden und Anschuldigungen, die es in den vergangenen Tagen gegeben habe, teilte Paul B. Preciado, Kurator der Öffentlichen Programme, am Dienstag in Kassel mit.

»Wir respektieren diejenigen, die sich vom Titel von Franco Berardis Gedicht angegriffen fühlen. Wir wollen ihrer Trauer keinen Schmerz hinzufügen«, schreibt Preciado in der Begründung. Kritiker warfen den Künstlern vor, das Schicksal von Flüchtlingen im Mittelmeer mit der Judenverfolgung in der NS-Zeit zu vergleichen und damit den Holocaust zu relativieren.

flüchtlinge Man wolle die Vorwürfe weder einfach akzeptieren noch Diskussionen und kritisches Denken aufgeben, sagte Preciado. Daher werde es am Donnerstag anstelle der geplanten Performance um 20.30 Uhr eine Lesung mit Gespräch mit Franco Berardi geben. Die Veranstaltung unter dem Titel »Shame on us« wolle eine »vielstimmige Unterhaltung« befördern. Dort werde auch Berardis Gedicht, auf dem die geplante Veranstaltung basiert, verlesen und über die aktuelle Politik der Migration in Europa diskutiert.

Auch documenta-Leiter Adam Szymczyk hob hervor, dass es keineswegs die Absicht der geplanten Veranstaltung gewesen sei, den Holocaust zu relativieren. Berardis Ziel bestehe vielmehr darin, den NS-Mord an den europäischen Juden verantwortungsvoll und ernsthaft als den ultimativen Grenz- und Referenzbegriff für ein extremes, gewaltsames und systemisches Unrecht gegenüber Flüchtlingen auszumachen. Dieses Unrecht werde von nationalen und transnationalen Körperschaften in Europa körperlich an Geflüchteten verübt.

Es gehe nicht vorrangig um die Politik der Erinnerung, mit der sich Deutschland seit langem auseinandersetze, sagte Szymczyk.
Vielmehr gehe es darum, was hier und jetzt in und vor den Toren Europas stattfinde, sagte er mit Blick auf das Sterben von Flüchtlingen auf der Flucht nach Europa.

»Provokation« Die geplante Performance war zuvor auf heftige Kritik der beiden Gesellschafter der documenta gGmbH, die Stadt Kassel und das Land Hessen, gestoßen. Der hessische Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein (CDU) hatte der documenta einen Abbruch der geplanten Performance empfohlen. Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle hatte sie eine »ungeheuerliche Provokation« genannt.

Auch die Jüdische Gemeinde Kassel hatte sich entsetzt gezeigt und die politisch Verantwortlichen dazu aufgefordert, sich in dieser Angelegenheit zu positionieren. »Die Frage, wie mit der Erinnerung an die Schoa und den damit verbundenen Begriffen umgegangen wird und wie wir künftigen Generationen von diesem unfassbaren Verbrechen berichten, geht uns alle an«, sagte die Vorsitzende Illana Katz.

Die geplante einstündige Performance »Auschwitz on the beach« basierte auf einem Gedicht des italienischen Autors Franco Bifo Berardis und war mit einem Soundtrack von Fabio Stefano Berardi und einer Bildinstallation von Dim Sampaio versehen. In der Ankündigung der documenta bezichtigte Berardi die Europäer, »Konzentrationslager« auf ihren eigenen Territorien einzurichten und »Gauleiter« in der Türkei, Libyen und Ägypten dafür zu bezahlen, die »Drecksarbeit« entlang ihrer Küsten zu erledigen. »Das Salzwasser hat mittlerweile Zyklon B ersetzt«, hieß es unter anderem. epd

Programm

Götter, Märchen und Le Chaim: Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 31. Dezember bis zum 13. Januar

 31.12.2025

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  28.12.2025

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025