Berlin

Bündnis für Israel

Vertreter aus Politik und Gesellschaft zeigten Unterstützung für den jüdischen Staat. Foto: Rolf Walter

Zandra Blödorn bringt es auf den Punkt. »Es ist schon absolut grotesk, dass heute wieder Menschen durch die Straßen Berlins ziehen können und ›Kindermörder Israel‹ brüllen, obwohl erst gestern eine Rakete aus dem Gazastreifen einen Kindergarten in Sderot zerstört hat.« Darum demonstriert die 20-jährige Studentin wie viele andere Berliner auch gegen den jährlichen Aufmarsch der Israelhasser und für ein Verbot des sogenannten Al-Quds-Tages, der am Samstag zum 20. Mal in der deutschen Hauptstadt stattfand. Ausgerufen wurde er 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini. Ziel soll die »Befreiung Jerusalems« sein, eine euphemistische Umschreibung der eigentlichen Absicht dahinter: der Zerstörung des jüdischen Staates.

Genau deshalb sprach Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman auf der Protestkundgebung gegen den Al-Quds-Tag von einer »Schande«, dass in Deutschland heute immer noch ganz offen und unverblümt gegen Israel und gegen Juden gehetzt werden darf. Er war nicht allein – ein breites Bündnis von Vertretern politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie Mitgliedern der jüdischen Gemeinde trat auf der Gegenkundgebung auf.

teilnehmer Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) war ebenso vertreten wie Volker Beck von den Grünen und Petra Pau von der Linkspartei. »Antisemitismus ist Menschenfeindlichkeit, und deswegen bin ich hier, um dagegen meine Stimme zu erheben«, erklärte die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages. Trotz des wechselhaften Wetters kamen zu den beiden angemeldeten Gegendemonstrationen schätzungsweise mehr als 600 Personen.

Die Veranstalter des Al-Quds-Tages dagegen mussten wie bereits im Vorjahr einen weiteren Teilnehmerschwund registrieren. Auf dem Adenauerplatz versammelten sich statt der erwarteten 1500 Teilnehmer gerade einmal 200, darunter auch drei wie jedes Mal eigens eingeflogene Vertreter der antizionistischen jüdischen Neturei-Karta-Sekte, die auf Schildern als »authentische Rabbiner« angepriesen wurden. Dann erfolgte ein längeres Briefing zu Auflagen und Verboten in diesem Jahr. »Keine Hisbollah-Flaggen zeigen und weder Fahnen oder andere Sachen verbrennen«, hieß es eindringlich.

transparente Das bremste ganz deutlich die Begeisterung vieler Demonstranten, die bemerkenswerterweise fast alle aus migrantischen Milieus stammten. Auf ihren Transparenten ließen sie die Garde der iranischen Revolutionsführer hochleben und verteufelten Israel und seinen Ministerpräsidenten Netanjahu als Inkarnation des Bösen auf dieser Welt. »Dass diesmal so gut wie keine linksradikalen deutschen Gruppierungen oder gar Vertreter der Partei ›Die Linke‹ zu sehen sind, hängt gewiss mit den bevorstehenden Senatswahlen in Berlin im September zusammen«, ist die Publizistin und Politikerin Jutta Ditfurth überzeugt.

Die eigentliche Demonstration begann mit weit über einer Stunde Verspätung. Während des Marsches vom Ku’damm bis zum Wittenbergplatz verdoppelte sich die Teilnehmerzahl dann dennoch. Dank einer massiven Polizeipräsenz kam es jedoch zu keinerlei nennenswerten Zwischenfällen – selbst dann nicht, als die Al-Quds-Tag-Demonstranten den Israelfreunden recht nahe kamen. Es blieb bei den üblichen Beschimpfungen, als sie die Flaggen des jüdischen Staates erblickten, die reichlich vorhanden waren. Trotz des glimpflichen Ausgangs sei die Frage an die Politik erlaubt: Wann ist endlich Schluss mit diesem jährlichen antisemitischen Spuk?

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Spremberg

Gegen rechtsextreme Gesinnung - Bürgermeisterin bekommt Preis

Rechtsextreme sprechen im ostdeutschen Spremberg vor Schulen Jugendliche an. Die Schüler schütten ihrer Bürgermeisterin ihr Herz aus - und diese macht das Problem öffentlich. Für ihren Mut bekommt sie jetzt einen Preis

von Nina Schmedding  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025