Pessach

Bloß kein Chametz

Kekse werden vor Pessach aus dem Haushalt verbannt. So wie auch Brot, Kuchen, Pizza und Bier. Foto: Getty Images

Vor den Feiertagen nichts Gesäuertes mehr im Haus zu haben, gehört zu den Pessach-Vorschriften. Die meisten Menschen meiden allerdings überflüssige Kontakte, um sich selbst und andere nicht dem Risiko einer Corona-Infektion auszusetzen – einfach wie sonst auch beim nichtjüdischen Nachbarn zu klingeln und Chametz für einen symbolischen Preis zu verkaufen oder es nichtjüdischen Freunden zu überlassen, kommt deswegen für viele nicht infrage. Welche Möglichkeiten gibt es also für Berliner Juden?

Rabbiner Reuven Yaacobov ist gerade dabei, Mazze für Pessach auszuliefern. »Ich steige nun in den Aufzug, und vielleicht ist das Gespräch deswegen gleich weg«, sagt er, als die Jüdische Allgemeine anruft. Es gibt eben viel zu tun vor den Feiertagen. »Alle bekommen Geschenke in Form von Seder- und Mazzepaketen.« Und natürlich muss der Chametzverkauf geregelt werden, denn über Pessach darf nichts Gesäuertes im Haus sein. Dazu gehören Brot, Kuchen, Kekse, aber auch Pizza und Bier.

MARZAHN Verkauft werden diese Lebensmittel für einen symbolischen Preis, zu dem sie nach den Feiertagen wieder zurückgenommen werden, »mittlerweile geht das aber auch online, per WhatsApp oder über spezielle Formulare, die wir anbieten«, berichtet Rabbiner Yaacobov. Er mache das alles aber ohnehin gern, »es ist einfach schön, die Menschen zum Lächeln zu bringen«.

Und er erzählt, wie ihn letztes Jahr zu Beginn der Pandemie ein Jude aus Marzahn anrief, der keine Mazzot im Haus hatte. Kein Problem, der Rabbiner lieferte ihm alles, was er brauchte. »Und heute fährt der Mann jeden Morgen die ganze Strecke von Marzahn, um bei uns in der Synagoge zu beten.«

Rabbiner Reuven Yaacobov ist in Usbekistan aufgewachsen und kann sich noch gut daran erinnern, wie beeindruckend der Chametzverkauf für ihn als Kind war.

Rabbiner Reuven Yaacobov ist in Usbekistan aufgewachsen und kann sich noch gut daran erinnern, wie beeindruckend der Chametzverkauf für ihn als Kind war: »Wir gingen zu einem ganz alten Rabbiner mit weißem Bart, und für uns war er ein Engel.« Aufgewachsen in einer Rabbinerfamilie, lernte er schon früh, für andere da zu sein. »Es gibt einfach nichts Schöneres, als Freude zu bringen. Deswegen bekommen die Kinder von mir jetzt auch immer koschere Pessach-Süßigkeiten.«

Auch Rabbiner Yehuda Teichtal erinnert sich noch gut, wie er den Chametzverkauf als Kind in New York erlebte: »Das war sehr beeindruckend, Rabbiner Zalman Shimon Dworkin, ein uralter Überlebender, saß da, und der Tisch war voller Dokumente, die sich regelrecht stapelten. Das ist für mich eine bleibende, lebendige Erinnerung.«

BEWUSSTSEIN Es gebe »eine wachsende Zahl von Menschen, die ein Bewusstsein dafür haben, dass man Chametz verkaufen muss, wenn man es nach Pessach wieder nutzen möchte«, berichtet Rabbiner Teichtal. Natürlich sei der Verkauf in Zeiten von Corona, wo man generell vorsichtiger sein müsse, nicht ganz so einfach wie früher. »Aber es gibt ja auch die Möglichkeit, das online zu tun.«

Das Internet erleichtere die Einschränkungen doch sehr. »Es gibt ein viel größeres Interesse daran, beispielsweise den Seder selbst zu machen, und wir helfen dabei. Fast täglich bieten wir Online-Seminare an, und rund um die Uhr steht immer ein Rabbiner zur Verfügung, mit dem man Kontakt aufnehmen kann.«

Insgesamt nehme er ein steigendes Bedürfnis danach wahr, »das Judentum zu leben«. »Ich kann nicht sagen, ob das wegen Corona kommt, aber das Interesse, zu lernen und Fragen zu stellen, ist einfach viel größer«, sagt der Chabad-Rabbiner. Es sei sicher so, dass die Menschen während der Pandemie mehr Sehnsucht nach Kontakten und Verbindungen haben.

Jonah Sievers, Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und Rabbiner der Synagoge Pestalozzistraße, verkauft vor Pessach kein Chametz. Er ist der Meinung, »dass Privathaushalte in der Lage sein sollen, ihr Chametz entweder vor den Feiertagen aufzubrauchen – oder einfach zu verschenken«.

Chabad

»Eine neue Offenheit«

Seit 20 Jahren ist Heike Michalak Leiterin der Jüdischen Traditionsschule. Ein Gespräch über Neugier, das Abenteuer Lernen und die Ängste der Eltern

von Christine Schmitt  05.12.2025

WIZO

Tatkraft und Humanität

Die Gala »One Night for Children« der Spendenorganisation sammelte Patenschaften für bedürftige Kinder in Israel

von Ellen Presser  05.12.2025

Porträt der Woche

Mit Fingerspitzengefühl

Hans Schulz repariert Fahrräder und spricht mit seinen Kunden auch über Israel

von Alicia Rust  05.12.2025

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025