Antisemitismus

Bespuckt und beleidigt

Solidarität vom Bundespräsidenten: Frank-Walter Steinmeier besuchte Yehuda Teichtal. Foto: dpa

Am vorvergangenen Wochenende wurde nach Angaben der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Rabbiner Yehuda Teichtal von zwei Männern auf Arabisch antisemitisch beschimpft und bespuckt. Der Angriff habe in der Nähe einer Synagoge im Bezirk Wilmersdorf stattgefunden. Teichtal hatte zuvor den Gottesdienst in der Nähe geleitet und befand sich während des Vorfalls in Begleitung eines seiner Kinder.

Wilmersdorf Konstanze Dassler von der Pressestelle der Berliner Polizei bestätigte der Jüdischen Allgemeinen den Vorfall. Dieser habe sich Ende Juli im Bezirk Wilmersdorf zugetragen und sei drei Tage später angezeigt worden. Inzwischen habe der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen und sich mit dem Geschädigten in Verbindung gesetzt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte den antisemitischen Übergriff auf den Berliner Rabbiner. »Jede Form des Extremismus und Antisemitismus ist Gift für unsere freiheitliche und offene Gesellschaft«, sagte Steinmeier nach einem Besuch der Familie Teichtal. Es sei »oberste Aufgabe des Staates und Verpflichtung für uns alle, Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen zu bekämpfen und ihm gemeinsam entgegenzutreten«.

Steinmeier habe in dem knapp einstündigen Gespräch am Sonntag seine Anteilnahme und seine Abscheu über die Tat zum Ausdruck gebracht, bestätigte eine Sprecherin des Bundespräsidenten am Montag.

VERANTWORTUNG Zuvor hatten sich bereits zahlreiche Politiker geäußert. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) verurteilte den Übergriff »aufs Schärfste« und betonte, Berlin als »Stadt der Freiheit« sei auch eine Stadt der Religionsfreiheit. »Die Ermittlungsbehörden werden ihr Möglichstes tun, um die Täter dingfest zu machen und vor Gericht zu bringen«, sagte der SPD-Politiker.

Der Senat und die Berliner teilten ausdrücklich die von Rabbiner Teichtal geäußerte Überzeugung, dass die meisten Menschen in Berlin solche Aggressionen gegen Juden nicht hinnehmen wollten. Berlin sei eine Stadt, »in der alle Bürger gleich welchen Glaubens ihre Religion frei und unbehelligt ausüben können. Das zu gewährleisten, ist eine zentrale staatliche Verantwortung. Auf den Straßen und auch auf den Schulhöfen unserer Stadt hat Antisemitismus keinen Platz«, betonte Michael Müller.

Gemeindechef Gideon Joffe fordert Polizeibeamte in Zivil.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe. »In den vergangenen Jahren hat man viel von Hasspredigern gehört, die den Hass zwischen andersgläubigen Menschen anstacheln«, sagte Joffe. Der Vorfall beweise, wie wichtig es sei, den Kampf gegen Antisemitismus durch weitere praktische Maßnahmen zu verstärken. Joffe forderte, dass jetzt vor allem auch »Polizeibeamte, die ihren Dienst in Zivil versehen sollten, sicherstellen, dass unsere Beterinnen und Beter ihren Weg zur Synagoge und zurück im Umfeld unserer Gotteshäuser ungestört antreten können«.

Und der Zentralrat der Juden twitterte: »Solche Angriffe sind abscheulich und zu verurteilen. In unserer Gesellschaft darf es keinen Platz für derartigen Hass geben. Unsere Solidarität gilt dem Rabbiner und seiner Familie.«

SOLIDARITÄTSGEBET Wie das Jüdische Bildungszentrum Chabad Lubawitsch Berlin mitteilte, ist für Freitag um 19 Uhr in der Synagoge Münstersche Straße ein Solidaritätsgebet geplant. Dabei soll auch eine Initiative zur Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus vorgestellt werden.

Yehuda Teichtal ist Vorsitzender des orthodoxen Jüdischen Bildungszentrums Chabad Lubawitsch in Berlin-Wilmersdorf. Laut der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) lag im vergangenen Jahr der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit 80 registrierten antisemitischen Vorfällen auf Platz zwei in Berlin – nach dem Bezirk Mitte.

Bonn

Hunderte Menschen besuchen Laubhüttenfest

Der Vorsitzende der Synagogen-Gemeinde in Bonn, Jakov Barasch, forderte mehr Solidarität. Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hätten sich hierzulande immer mehr Jüdinnen und Juden aus Angst vor Übergriffen ins Private zurückgezogen

 13.10.2025

Hamburg

Stark und sichtbar

Der Siegerentwurf für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge steht fest

von Heike Linde-Lembke  09.10.2025

München

Mut in schwieriger Zeit

Der Schriftsteller und Historiker Rafael Seligmann stellte im Gespräch mit Christian Ude sein neues Buch im Jüdischen Gemeindezentrum vor

von Nora Niemann  09.10.2025

Halle

Erinnerung an Synagogen-Anschlag vor sechs Jahren

Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsterrorist versucht, in die Synagoge einzudringen, scheiterte aber an der Tür. Bei seiner anschließenden Flucht tötete er zwei Menschen

 09.10.2025

Daniel Donskoy

»Ich liebe das Feuer«

Der Schauspieler hat mit »Brennen« einen Roman über die Suche nach Freiheit und Freundschaft geschrieben. Ein Interview

von Katrin Richter  09.10.2025

Nachruf

Lev tov, ein gutes Herz

Der ehemalige Berliner Gemeinderabbiner Chaim Rozwaski ist verstorben

 09.10.2025

WIZO

Party und Patenschaften

Die diesjährige Gala der Frauen-Organisation in Frankfurt übertraf alle Erwartungen

von Laura Vollmers  06.10.2025

7. Oktober

Jüdische Gemeinde fordert aus Zeichen der Solidarität Israel-Flagge vor Rathaus

Am Dienstag jährt sich das von Terroristen der Hamas und anderer Terrororganisationen verübte Massaker in Israel zum zweiten Mal

 05.10.2025

Porträt der Woche

Auf der Bühne des Lebens

Elena Prokhorova war Lehrerin und findet ihr Glück im Theaterspielen

von Christine Schmitt  05.10.2025