Dialog

Appell gegen Antisemitismus

Der katholische Theologe Hanspeter Heinz (l.) erhält die Buber-Rosenzweig-Medaille aus den Händen von Friedhelm Pieper, evangelischer Präsident des Deutschen Koordinierungsrates. Foto: dpa

Mit Appellen gegen Judenfeindlichkeit und Antisemitismus ist am Sonntag die traditionelle christlich-jüdische »Woche der Brüderlichkeit« eröffnet worden. »Niemand darf sich an die tägliche Realität der Bedrohung von Juden in diesem Land gewöhnen«, forderte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bei dem Festakt in Ludwighafen im Beisein von Zentralratspräsident Josef Schuster. Es sei bedrückend und beschämend, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Juden überlegen müsse, ob Juden an bestimmten Orten besser keine Kippa tragen.

Bedford-Strohm hob die besondere Verantwortung der Kirchen im Kampf gegen Judenfeindlichkeit hervor. Der lange unhinterfragte und immer noch wirksame theologische Antijudaismus der Vergangenheit sei mitverantwortlich dafür gewesen, dass die rassistische Ideologie des Antisemitismus in der NS-Zeit ihren Nährboden gefunden und unendliches Leid angerichtet habe, betonte der bayerische Landesbischof. Deswegen sei der christlich-jüdische Dialog so wichtig.

buber-Rosenzweig-medaille Vorbildlich hätten sich dabei der katholische Augsburger Theologe Hanspeter Heinz und der von ihm geleitete Gesprächskreis »Juden und Christen« beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken engagiert, sagte Bedford-Strohm. Dafür erhielten sie die Buber-Rosenzweig-Medaille 2015 der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Die Präsidentin des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Eva Schulz-Jander, ging auf die Morde von islamistischen Extremisten und die »Pegida«-Demonstrationen ein. »Mit Religion Feindbilder zu schaffen, spricht gegen die Religion«, sagte die Katholikin. Religion lehre vielmehr, andere zu achten

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bezeichnete die »Woche der Brüderlichkeit« als beispielhaft für die Verständigung in der Gesellschaft. Der Dialog und die Versöhnungsarbeit der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hätten »Maßstäbe für eine lebendige Erinnerungskultur gesetzt«, sagte sie. Die Deutschen tragen nach Dreyers Worten eine besondere Verantwortung, sich gegen fremdenfeindliche und extreme Gruppen zur Wehr zu setzen. Die Frage, wie Christen, Juden und Muslime sich verstehen und miteinander leben, werde die Zukunft prägen.

respekt Der mit der Buber-Rosenzweig-Medaille geehrte katholische Theologe Hanspeter Heinz betonte, die Kirche müsse die jahrhundertealte »Lehre der Verachtung« gegenüber den Juden zurückweisen, denn sie sei ein Nährboden für die rassistische Naziideologie gewesen. Die Anerkennung der Juden verbiete auch die »Judenmission«, so Heinz. Die von Papst Benedikt XVI. 2008 neu formulierte Karfreitagsfürbitte mit der Einleitung »Für die Bekehrung der Juden« sei eine Provokation. »Besser hätte ihm zugestanden, für die Bekehrung der Kirche zu beten«, sagte der Theologe. Der Respekt vor dem Geheimnis Gottes verbiete jeden Absolutheitsanspruch.

Die 80 Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Deutschland setzen sich für den christlich-jüdischen Dialog sowie für ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen ein. Sie veranstalten seit 1952 jedes Jahr die »Woche der Brüderlichkeit«. Sie soll der Begegnung von Christen und Juden neue Impulse geben. epd

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Tage im Mai

Am Wochenende beginnt mit »Youth4Peace« ein Treffen von 80 jungen Erwachsenen aus 26 Ländern. Sie wollen über Frieden und Demokratie sprechen. Auch Gali und Yuval aus Israel sind dabei

von Katrin Richter  01.05.2025