Fachhochschule Erfurt

24 Studenten machen Abschluss in jüdischer Sozialarbeit

Zentralratspräsident Josef Schuster überreichte die Zeugnisse Foto: Zentralrat der Juden in Deutschland

»Lernen ist ein elementarer Teil des Judentums«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster während der Feierstunde im Erfurter Rathausfestsaal am Dienstagabend. Er sprach das Grußwort für 24 Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschule Erfurt, die an diesem Abend ihre Bachelor-Urkunden für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Jüdische Soziale Arbeit überreicht bekamen.

Vier Jahre lang hatten die Frauen und Männer berufsbegleitend den deutschlandweit einmaligen Studiengang Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Jüdische Soziale Arbeit absolviert. Josef Schuster dankte ausdrücklich der Fachhochschule Erfurt für diesen besonderen Studiengang, der auf Initiative des Zentralrats der Juden in Deutschland entstanden ist und in Kooperation mit der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg stattfand.

An der Feierstunde nahmen unter anderem Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, die Leitung der Fachhochschule Erfurt und der Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, Dr. Werner Arnold teil.

Berufsbegleitend studieren mit Schwerpunkt Jüdische Soziale Arbeit

Die 49-jährige studierte Kunsttherapeutin Iris Golde aus München ist eine der 24 Absolventinnen. Sie ist glücklich, dass sie diesen Studiengang belegen durfte. »Mit diesem Abschluss kann ich die psychosoziale Betreuung in eigener Praxis anbieten«, erklärt sie. Bereits am Montag hatte sie ihre erste Sitzung in der neuen Praxis. Berufsbegleitend zu studieren, das war für sie eine »richtige Herausforderung«. Zugleich aber hat ihr dieses Studium in den Räumen der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg viel Freude bereitet und mehr Freiheit gegeben. »Natürlich wächst mit diesem Studium auch das interkulturelle Verständnis«, versichert sie.

Sie hat vor vier Jahren in der Jüdischen Allgemeinen von dem Studium erfahren und war sofort beeindruckt. »Ich empfinde es als Privileg, in solch einer Form studieren und jüdisch Relevantes in kleinen Gruppen besprechen zu können«, sagt Golde. Bis zum 7. Oktober vergangenen Jahres hatte sie in Hasenberge gearbeitet. Danach fürchtete sich die in Israel geborene Jüdin davor, dort weiterhin tätig zu sein. Sie will künftig nur an Orten arbeiten, an denen sie ihre Identität preisgeben kann.

Die Ausbildung jüdischer Frauen und Männer zu Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern beziehungsweise Sozialpädagogen mit Schwerpunkt jüdische Sozialarbeit ist eine Kooperation zwischen der Fachhochschule Erfurt, der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg und des Zentralrats der Juden in Deutschland. »Aus Gründen der Sicherheit gab es allerdings den Präsenzunterricht in Heidelberg«, erklärt Susanne Kipp, die Leiterin des Zentrums Weiterbildung an der FH Erfurt. Denn in Heidelberg werden beispielsweise vor Betreten der Universitätsgebäude die Taschen kontrolliert. Sicher ist sicher. Die meisten Lehrenden kommen aus Erfurt. Das soll auch künftig so sein. Eine der Lehrenden ist Maria Schmidt. »Wir haben oft debattiert – nicht nur während der Seminare. Gesprochen wurde auf hebräisch, englisch, deutsch oder russisch.« Sie beschreibt das gemeinsame Lernen und Lehren als »sehr lebendig«.

Ab dem Wintersemester 2024 soll wieder ein Bachelor-Studiengang angeborten werden.

»Wir brauchen diesen Studiengang in Erfurt, in Mitteldeutschland. Denn auch hier müssen jüdische Strukturen geschaffen werden, nicht nur in den bisherigen Zentren«, votiert Reinhard Schramm für jüdisches Leben mit Zukunft in ganz Deutschland. Und Ministerpräsident Bodo Ramelow erklärt: »Für das einmalige Angebot möchte ich mich bei allen Beteiligten in Erfurt, Heidelberg und beim Zentralrat der Juden in Deutschland bedanken«. Er verweist darauf, dass heutiges jüdisches Leben die Gesellschaft bereichere. Frank Stelzer, der Präsident der FH Erfurt, will ab dem Wintersemester 2024 einen erneuten Bachelor-Studiengang mit Schwerpunkt Jüdische Sozialarbeit anbieten.

Josef Schuster erklärt in seiner Rede in Erfurt: »Freiheit bedeutet, offen als Jude leben zu können, ohne mit antisemitischen Stereotypen diffamiert zu werden«. Damit spricht er auch Shifra Welzel während der Übergabe des Bachelor-Zeugnisses aus der Seele. Sie kam vor 26 Jahren aus Israel nach Deutschland und lebt heute mit ihrer Familie in Köln. Derzeit noch arbeitet sie in einer Zentralunterkunft für Geflüchtete, doch sie möchte dort weg. Der 7. Oktober hat so vieles verändert. Auch ein gewisses, selbstverständliches Sicherheitsgefühl. Sie hat dort, in der Unterkunft, weder gesagt, dass sie über 20 Jahre in Israel gelebt hat und auch dort geboren wurde noch darüber gesprochen, dass sie Jüdin ist. »Ich suche mir nun eine Arbeit mit Frauen und Jugendlichen«, erklärt sie. Sie möchte sich nicht verleugnen.

Das vierjährige berufsbegleitende Studium, das vom Zentralrat der Juden in Deutschland und der Zentralwohlfahrtsstelle initiiert und entwickelt wurde, »schließt an die Tradition der Sozialwissenschaften und insbesondere an die Soziale Arbeit im deutschsprachigen Raum als eigenständige Profession an, die maßgeblich von jüdischen Wissenschaftlern und Praktikern ins Leben gerufen und geprägt wurde«, sagt Josef Schuster.

Die Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschule Erfurt und der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg setzen diese Tradition Sozialer Arbeit fort überall in Deutschland fort.

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