Vor Rosch Haschana hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zum Zusammenhalt aufgerufen.
»Gerade angesichts der Angriffe auf die Demokratie, die wir in unserem Land vermehrt erleben, angesichts rauer politischer Debatten und einer wachsenden Zahl radikaler Kräfte sind der Zusammenhalt und die Stärkung der Identität der jüdischen Gemeinschaft dringend notwendig«, schreibt Schuster in der aktuellen Printausgabe dieser Zeitung. Dann könnten Juden selbstbewusst und auf Augenhöhe mit anderen Gruppen in Dialog treten. »Dann werden wir gehört«, betont der Zentralratspräsident.
Rosch Haschana beginnt am Montagabend und endet am Mittwoch. Schuster blickt in seinem Leitartikel nach vorn auf die Bundestagswahl am 26. September. »Wir wollen deutlich machen, dass wir hier in Deutschland ganz selbstverständlich unseren Platz haben.« Trotz aller Ungewissheiten, steigender Judenfeindschaft sowie des Aufschwungs von Verschwörungsmythen sollten Juden Schuster zufolge nicht verzagen.
Der Jahreswechsel fällt auch in das laufende Festjahr zu »1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Er habe eine »solch überwältigende Resonanz landauf, landab« nicht erwartet, schreibt Schuster. »Jüdisches Leben rückt neu ins Bewusstsein unserer Gesellschaft - in all seinen Facetten, mit seiner reichen Geschichte, mit seiner faszinierenden Gegenwart.«
In einem in der Ausgabe abgedruckten Grußwort der Bundesregierung mahnt Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten, »weil nur so eine gute Zukunft gestaltet werden kann«. Zugleich lade derzeit das Festjahr zu Entdeckungen ein. Jüdisches Leben sei »konstitutiver Teil der Identität unseres Landes«. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, wünschte, dass das kommende Jahr mehr Leichtigkeit bringen werde.
In derselben Ausgabe sagte der Architekt des Jüdischen Museums Berlin, Daniel Libeskind, in einem Interview: »Ich hoffe, dass das Leben überall in der Welt an die erste Stelle gesetzt wird, allen Bedrohungen zum Trotz, denen die Gesellschaft ausgesetzt ist: nicht nur Antisemitismus, sondern auch Faschismus, Fanatismus und Rassismus.« Er glaube an die Demokratie: »Sie ist schwierig und komplex, aber sie ist das beste aller möglichen Systeme.«
Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Norbert Lammert, betonte in einem Gastbeitrag, dass jüdisches Leben nicht nur im Geschichtsbuch stehe, sondern tagtäglich stattfinde. »Das ist alles andere als eine Banalität.« Es handele sich um »eine der schönsten Entwicklungen in der jüngeren deutschen Geschichte«.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beklagt in seiner Grußbotschaft zu Rosch Haschana, dass in der Corona-Pandemie »schlimmste antisemitische Verschwörungsmythen« neuen Aufwind erfahren haben. »Es schmerzt mich und macht mich zornig, dass antisemitischer Hass und judenfeindliche Hetze sich so offen zeigen - ausgerechnet in Deutschland.«
Der Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 habe zu keiner Wende geführt. Es sei die Pflicht von Staat und Gesellschaft, Hass entgegenzutreten. Der Bundespräsident äußerte sich zugleich dankbar für die vielen Veranstaltungen, die an 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland erinnern.