Einspruch

Wir sind Flüchtlinge

Rabbiner Raphael Evers Foto: Simon Vilk

Der Krieg dauert schon drei Wochen. Leider scheint er noch lange nicht zu Ende zu sein, und wir sehen uns hier in Westeuropa mit immer mehr Flüchtlingen konfrontiert. In manchen Teilen der Ukraine können die Menschen noch die unter Beschuss stehende Heimat verlassen, in anderen ist ihnen das nicht mehr möglich.

Juden kennen Geschichten von Flucht und Vertreibung nur zu gut. Heute, an Purim, erinnern wir uns daran, dass die Juden damals in der persischen Diaspora nirgendwohin konnten. Sie befanden sich im Reich von Achaschwerosch und Haman, es drohte die Vernichtung.

Ägypten Aber vor 3334 Jahren haben wir Ägypten verlassen. Wir wurden vom Pharao und seinen Dienern vertrieben. Jedes Jahr gedenken wir an Pessach unseres Auszugs. Offenbar ist es wichtig, sich von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass wir alle ein bisschen Flüchtlinge sind.

In der Flüchtlingskrise zeigt sich der Moment der humanen Wahrheit in der europäischen Geschichte.

Das aktuelle Flüchtlingsproblem in Europa hat viel Mitgefühl, aber auch Angst ausgelöst. Die westeuropäischen Länder öffneten ihre Grenzen und versprachen echte Hilfe, anders als für unsere Großeltern während der Schoa. Hat Westeuropa endlich etwas aus der Geschichte und aus der Tora gelernt?

Für uns Juden ist eine Leitlinie klar, die Tora ist in dieser Hinsicht sehr eindeutig: »Du sollst einen Fremden nicht unterdrücken und ihn nicht bedrängen, denn ihr seid Fremde im Land Ägypten gewesen.« Wir dürfen Flüchtlinge nicht unterdrücken. Wir dürfen sie nicht sich selbst überlassen. Wir müssen ihnen helfen und sie bei uns aufnehmen.

herausforderung In der Flüchtlingskrise zeigt sich der Moment der humanen Wahrheit in der europäischen Geschichte. Das ist eine große moralische Herausforderung.

Eine proportionale Verteilung von Flüchtlingen auf Westeuropa folgt dem bib­lischen Grundsatz. Jetzt, wo Westeuropa geeint ist, ist dies ein moralisches Gebot. Die Flüchtlingsfrage ist letztlich eine Frage unserer Gastfreundschaft und unserer Opferbereitschaft.

Der Autor ist Rabbiner und lebt in Israel.

Wajigasch

Mut und Hoffnung

Jakow gab seinen Nachkommen die Kraft, mit den Herausforderungen des Exils umzugehen

von Rabbiner Jaron Engelmayer  19.12.2025

Mikez

Füreinander einstehen

Zwietracht bringt nichts Gutes. Doch vereint ist Israel unbesiegbar

von David Gavriel Ilishaev  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Chanukka

»Wegen einer Frau geschah das Wunder«

Zu den Helden der Makkabäer gehörten nicht nur tapfere Männer, sondern auch mutige Frauen

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  18.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Chanukka

Wofür wir trotz allem dankbar sein können

Eine Passage im Chanukka-Gebet wirkt angesichts des Anschlags von Sydney wieder ganz aktuell. Hier erklärt ein Rabbiner, was dahinter steckt

von Rabbiner Akiva Adlerstein  17.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025