Reaktion

Vatikan erarbeitet Antwort auf jüdische Kritik an Papstansprache

Gebäude des Oberrabbinats in Jerusalem Foto: Flash 90

Nach der kritischen Rückfrage israelischer Rabbiner und ihrer massiven Kritik bezüglich einer Papst-Ansprache über die Bedeutung der Tora und des Glaubens an Jesus Christus arbeitet der Vatikan an einer Antwort. Ein entsprechender Bericht der Agentur Reuters vom Mittwoch wurde der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag aus Vatikan-Kreisen bestätigt.

In seiner Generalaudienz am 11. August hatte Franziskus über einen Brief des Apostels Paulus gesprochen und dabei unter anderem gesagt: »Das Gesetz (die Tora) aber gibt kein Leben.«

Mit einer solchen Aussage behaupte der Papst, jüdische Lehre sei veraltet, zitiert Reuters aus dem Brief von Rabbiner Rasson Arousi von der Kommission des israelischen Oberrabbinats für den Dialog mit dem Heiligen Stuhl. In seiner Predigt habe der Papst den christlichen Glauben nicht nur als Ersatz für die Tora dargestellt, sondern er behaupte auch, jüdische Religionsausübung sei »in der heutigen Zeit obsolet«, so Arousi.

Nach den Fortschritten im jüdisch-christlichen Dialog habe man gedacht, eine solche » ›Lehre der Verachtung‹ gegenüber Juden und Judentum«, sei von der Kirche vollständig abgelehnt worden, so der Rabbiner in dem an Kurienkardinal Kurt Koch gerichteten Brief. Dessen Behörde ist unter anderem für den Dialog mit dem Judentum zuständig.

Ob tatsächlich und in welcher Form eine Antwort aus dem Vatikan nach Jerusalem geht, steht dem Vernehmen nach noch nicht fest. Da es sich um eine Rede des Papstes handelt, wäre formal das Staatssekretariat zuständig. Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass es sich vor allem um ein Missverständnis handele. Der Papst habe fast durchgehend die Theologie des Paulus zitiert und auch nirgends Bezug auf das heutige Judentum genommen.

So hält der Apostel einerseits daran fest, wie wichtig die Tora für das jüdische Volk ist - was Franziskus auch sagte. Andererseits erläutert Paulus, dass für Christen Erlösung aus dem Glauben an Jesus Christus kommt - und nicht aus dem Gesetz des Mose. Hätte der Papst im beanstandeten Satz hinzugefügt: »Für uns Christen aber gibt das Gesetz (die Tora) kein Leben«, so einzelne Kommentatoren, wäre sein Anliegen womöglich klarer gewesen.

In dem Brief an die ersten Christen in Galatien in der heutigen Zentraltürkei, über den der Papst am 11. August in seiner Katechese sprach, setzt sich Paulus mit theologischen Auseinandersetzungen in deren Gemeinden auseinander, welche Bedeutung Gesetze und Vorschriften der Tora für die Christen haben - von denen etliche zunächst Juden waren. Manche behaupteten damals, die Tora sei unverändert gültig; andere sagten, sie sei völlig irrelevant. kna/ja

Kolpik

Alter Hut

Eine traditionelle Kopfbedeckung erzählt manches über ihren Besitzer

von Levi Israel Ufferfilge  20.06.2025

Schelach Lecha

Eine Frage der Ansicht

Was wir aus dem Blick der Kundschafter auf das Land Israel lernen

von Rabbiner Jaron Engelmayer  20.06.2025

Essay

Es geschah an einem 23. Siwan

Eine Betrachtung zu einem historischen Datum in der jüdischen Geschichte und dem Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen

von Jacques Abramowicz  19.06.2025

Talmudisches

Anti-Aging

Über natürliche Mittel gegen die Hautalterung

von Rabbinerin Yael Deusel  19.06.2025

Gespräch

Beauftragter Klein: Kirche muss Antijudaismus aufarbeiten

Der deutsche Antisemitismusbeauftragte Felix Klein kritisiert die Heiligsprechung des Italieners Carlo Acutis. Ihm geht es um antijüdische Aspekte. Klein äußert sich auch zum christlich-jüdischen Dialog - und zum Papst

von Leticia Witte  13.06.2025

Beha’Alotcha

Damit es hell bleibt

Wie wir ein Feuer entzünden und dafür sorgen, dass es nicht wieder ausgeht

von Rabbiner Joel Berger  13.06.2025

Talmudisches

Dankbarkeit lernen

Unsere Weisen über Hakarat haTov, wie sie den Menschen als Individuum trägt und die Gemeinschaft zusammenhält

von Diana Kaplan  13.06.2025

Tanach

Schwergewichtige Neuauflage

Der Koren-Verlag versucht sich an einer altorientalistischen Kontextualisierung der Bibel, ohne seine orthodoxen Leser zu verschrecken

von Igor Mendel Itkin  13.06.2025

Debatte

Eine »koschere« Arbeitsmoral

Leisten die Deutschen genug? Eine jüdische Perspektive auf das Thema Faulheit

von Sophie Bigot Goldblum  12.06.2025