Einspruch

Unterschätzter Feiertag

Rabbiner Elias Dray Foto: Gregor Zielke

Es dürfte keinen unterschätzteren Feiertag im jüdischen Kalender geben als Schawuot. Das sieht man schon am einfachen Vergleich der zu Rosch Haschana und Jom Kippur gefüllten Sitzreihen in den Synagogen. Zu Schawuot werden leider wieder manche Plätze frei bleiben, und das liegt bestimmt nicht nur daran, dass am Abend des ersten Festtages die deutsche Nationalmannschaft ihr EM-Auftaktspiel gegen die Ukraine bestreitet. Nein, auch in anderen – spielfreien – Jahren hat Schawuot ein Problem.

Vermutlich liegt es am Fehlen greifbarer Symbole, wie etwa der Mazze an Pessach oder dem Schofar zu Rosch Haschana. Auch sitzen wir nicht mehrere Tage in Hütten oder schauen mit der Familie Abend für Abend in den Kerzenschein der Leuchter und singen wunderschöne Lieder.

offenbarung Eigentlich sollten wir uns doch so richtig freuen, es ist ein so symbolträchtiges Fest, schließlich feiern wir den Empfang der Tora am Berg Sinai! Was macht dieses historische Ereignis so außergewöhnlich? Es erinnert daran, dass drei Millionen Menschen gehört hatten, wie G’tt sich ihnen offenbarte. Ein einmaliger Vorgang! Kann man eine Offenbarung, die vor so vielen Zeugen stattfand, erfinden? Ich sage: Das ist unmöglich.

Es gibt noch etwas, was Schawuot zu einem besonderen und wichtigen Fest macht. An allen Tagen im Jahr durfte man im Heiligen Tempel nur ungesäuertes Brot, also Mazzot, opfern. Die einzige Ausnahme bildet Schawuot, zu dem zwei Weizenbrote dargebracht werden. Das gesäuerte Brot symbolisiert das Materielle.

tikkun olam In diesem Sinne ist der Käsekuchen, den wir zu Schawuot backen – und ihn uns schmecken lassen! –, ein Symbol dafür, dass Judentum mehr ist als nur Glauben. Es ist auch die Gewissheit, dass wir als jüdisches Volk einen Auftrag haben, diese Welt durch gute Taten zu verbessern – Tikkun Olam.

Sorgen wir in diesem Jahr dafür, dass Schawuot im Feiertags-Ranking weit nach vorne rutscht. Als Rabbiner kann ich Ihnen versichern: Dieses Fest hat es verdient.

Der Autor ist Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg.

Nahost

»Öl ins Feuer des anwachsenden Antisemitismus«

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt wirft der evangelischen Kirche moralisches Versagen vor und kritisiert eine Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »dämonisiert« werde

 05.07.2025

Chukat

Ein Tier, das Reinheit schafft

Wir können die Mizwa der Roten Kuh nicht verstehen – aber ihre Bedeutung erahnen

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  04.07.2025

Talmudisches

Die weibliche Idee hinter König David

Was Kabbalisten über Eschet Chajil, die tüchtige Frau, lehren

von Vyacheslav Dobrovych  04.07.2025

Jerusalem

Das falsche Grab

Das Buch der Könige gibt Auskunft darüber, wo David wirklich begraben wurde

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  03.07.2025

Interview

»Inhalte statt Konflikte produzieren«

Rabbinerin Elisa Klapheck will in ihrer zweiten Amtszeit als Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz zusammenführen

von Mascha Malburg  03.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Essay

Der Weltkirchenrat auf Abwegen

Die Organisation mit mehr als 350 meist protestantischen Kirchen stimmt in den Chor all derer ein, die ein antiisraelisches Lied nach dem anderen singen. Immer lauter. Immer wütender. Immer obsessiver

von Daniel Neumann  29.06.2025

Talmudisches

Beten gegen das Böse

Was unsere Weisen über den freien Willen und moralische Entscheidungen lehrten

von Vyacheslav Dobrovych  27.06.2025

Vertrauen

»Ich werde da sein«

Wo nur ist Gott auf dieser Welt? Er hat es Mosche gesagt

von Rabbiner David Kraus  27.06.2025