Potsdam

»Schlussstein der jüdischen Emanzipation«

Innenraum einer Synagoge (Symbolfoto) Foto: Tobias Barniske

Es ist eine Premiere und die Verwirklichung eines lang gehegten Traums: Mit einem Festakt wird am Dienstagabend in Potsdam die Eröffnung des ersten jüdisch-theologischen Instituts an einer staatlichen Universität in Deutschland gefeiert.

Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Potsdamer Rabbinerseminars Abraham Geiger Kolleg und Initiator des Studiengangs, würdigte das neue Institut als »europaweit einzigartig«. Bisher würde nirgendwo in Europa jüdische Theologie an einer staatlichen Hochschule unterrichtet. Der Jüdischen Allgemeinen sagte Homolka: »Es ist auch etwas von einem jüdischen Traum.«

Eine Gleichstellung jüdischer mit christlicher Theologie sei bereits das Anliegen von geistigen Führern des Judentums im 19. Jahrhundert gewesen. »Abraham Geiger hat sogar gesagt, für ihn ist das ein Test, ob die Emanzipation der Juden in Deutschland vollendet ist. Jetzt, über 175 Jahre danach, einen solchen Schlussstein setzen zu können, ist schön – und trotzdem auch ein bisschen tragisch, dass es so lange gedauert hat«, so Homolka weiter.

Professuren Universitätspräsident Oliver Günther bezeichnete die Gründung der »School of Jewish Theology« als »großen Moment für unsere Universität«. Die School of Jewish Theology der Universität Potsdam hatte bereits Mitte Oktober den Lehrbetrieb aufgenommen. Insgesamt sollen neun Professoren am Institut arbeiten, darunter sechs ordentliche Professoren, erläuterte Homolka. Einige der Stellenausschreibungen laufen derzeit noch.

Zum ersten Semester haben sich 47 Studenten eingeschrieben. Etwa die Hälfte von ihnen will Rabbiner oder Kantor werden. Der Bachelorstudiengang für jüdische Theologie steht aber auch nichtjüdischen Studenten offen. Die Festrede bei der Eröffnung am Dienstagabend will Margot Käßmann halten, Botschafterin des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland für das Reformationsjubiläum 2017.

Für das Judentum bedeute das neue Institut »eine verlässliche europäische Einrichtung«, an der Rabbinerinnen und Rabbiner aus der ganzen Welt studieren können, erläuterte Homolka: »Und da wir keine Studiengebühren erheben, ist die Ausbildung kostenlos, während sie etwa in den USA zwischen 100.000 und 150.000 Euro kostet.«

Hochschulgesetz Kernbereiche der School of Jewish Theology sind jüdische Religion und Philosophie, die Tora und ihre Auslegung, rabbinische Literatur und Recht, Liturgie, Hebräisch und Aramäisch. Später soll auch ein Masterstudiengang angeboten werden. Der brandenburgische Landtag hatte im März das Hochschulgesetz geändert, um theologische Einrichtungen an staatlichen Hochschulen möglich zu machen.

Das 1999 gegründete Abraham Geiger Kolleg bietet seit mehr als zehn Jahren eine akademische Rabbinerausbildung in Kooperation mit der Universität Potsdam an. Mit dem Zacharias Frankel College, das am Sonntag gegründet wurde und »konservative« Rabbiner ausbilden soll, gibt es nun einen zweiten Kooperationspartner. Anders als im orthodoxen Judentum ist im liberalen und konservativen Judentum ein Hochschulabschluss Voraussetzung für eine Ordinierung zum Rabbiner. (mit epd)

www.juedischetheologie-unipotsdam.de

Tasria-Mezora

Segen der eigenen Scholle

Warum die »landgebundenen Gebote« der Tora dazu verpflichten, eine gerechte Gesellschaft zu formen

von Yonatan Amrani  02.05.2025

Talmudisches

Geben und Nehmen

Was unsere Weisen über Mond und Sonne lehren

von Vyacheslav Dobrovych  02.05.2025

Meinung

Jesus, Katrin und die Pharisäer

Katrin Göring-Eckardt zeichnet in einem Gastbeitrag ein negatives Bild der Pharisäer zur Zeit von Jesus. Dabei war der selbst einer

von Thomas Wessel  01.05.2025

Konklave

Kommt der nächste Papst aus Jerusalem?

Wer wird der nächste Papst? Die geheimen Treffen im Vatikan lassen die Welt spekulieren. Als heißer Kandidat wird ein Patriarch aus Jerusalem gehandelt

 30.04.2025

Interview

»Der Dialog mit dem Vatikan ist regelrecht eingeschlafen«

Maram Stern über den künftigen Papst und den stockenden jüdisch-christlichen Dialog

von Tobias Kühn  29.04.2025

Halacha

Kann ein Jude die Beerdigung des Papstes besuchen?

Papst Franziskus wird diesen Samstag, an Schabbat, beerdigt. Observante Juden könnte das vor komplizierte Fragen stellen

von Vyacheslav Dobrovych  25.04.2025

Schemini

Offene Türen

Die Tora lehrt, auch Fremde freundlich zu empfangen

von Rabbiner Bryan Weisz  25.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  28.04.2025 Aktualisiert

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025