Technologie

Beten mit Handy

Alles eine Frage der richtigen App Foto: Getty Images, Screenshot

Smartphones sind heute ständige Begleiter, und wir haben uns daran gewöhnt, dass sie viel über uns und unsere Umgebung wissen. Sie kennen die aktuelle Zeit und wissen, wo sie sich befinden. Sie können sagen, wann am aktuellen Ort die Sonne untergeht. Für observante Jüdinnen und Juden ist das hilfreich, halachische Zeiten lassen sich auf diese Weise schnell bestimmen – sofern man das nicht per App erledigt.

Smartphones sind auch Speicher großer Datenmengen. Es verwundert deshalb nicht, dass jüdische Texte von Beginn an auch auf und für Smartphones verfügbar waren und sind. Zunächst waren es digitalisierte Bücher, dann einfach Anwendungen mit den Texten. Wer heute mit Smartphone unterwegs ist, benötigt kein schweres gedrucktes Gebetbuch mehr. Es passt alles in die Tasche: alles in einer App.

gebete Moderne Siddur-Apps sind mehr als nur Bücher auf dem Smartphone. Sie zeigen den Text der Gebete, aber sie können mehr. Die beiden größten Mitspieler auf dem Markt für Siddurim, der amerikanische ArtScroll-Verlag und der israelische Koren-Verlag, bieten Siddur-Apps in den App-Stores an. ArtScroll war mit dem »ArtScroll Smart Siddur« früh auf dem Markt vertreten, Koren hat seine »Koren Tefilla App« erst jüngst in die App-Stores gebracht – aber gezeigt, wie man es besser macht.

Zunächst zu den Gemeinsamkeiten, die zugleich den Vorteil von Siddur-Apps beschreiben: Beide Apps machen Gebrauch von den Möglichkeiten der Smartphones oder Tablets: Der Text wird so gezeigt, wie der Beter ihn gerade benötigt. »Wie« man beten möchte, kann man in den Einstellungen bestimmen: mit einem Minjan? Ist man vielleicht selbst der Vorbeter? Befindet man sich in einem Trauerhaus? Ist man außerhalb Israels unterwegs? Je nach Auswahl ändert sich der Text der Gebete. Betet man ohne Minjan, fehlt das Kaddisch-Gebet oder das »Barechu«. Die Apps bilden keine Bücher ab, sondern personalisierte Texte. Einschaltungen für besondere Tage erscheinen dann, wenn sie benötigt werden.

Die Unterschiede sind entscheidend bei der Auswahl der »richtigen« App.

Die Unterschiede sind entscheidend bei der Auswahl der »richtigen« App. Die App von ArtScroll orientiert sich visuell stark an gedruckten Siddurim. Möglichst viel Text auf möglichst wenig Seiten. Der Text wird meist im Blocksatz dargestellt und ist recht eng. Dafür bringt die App eine Funktion mit, die zeigt, wo Jerusalem ist, sowie einen »Tefillin-Spiegel«. Dieser zeigt das Bild der Frontkamera mit Hilfslinien für die Ausrichtung der Tefillin.

Die App von Koren orientiert sich deutlich an den Leitlinien, denen man bei den Siddurim aus dem Verlag gefolgt ist: Eine klare lesbare Schrift, eine deutliche Struktur und eine kluge Nutzung von Weißraum. Den Texten im Siddur kann leicht gefolgt werden, und eine Struktur wird optisch umgesetzt. Wird die App geöffnet, zeigt sie direkt das passende Gebet an, also Schacharit am Morgen, Mincha am Nachmittag oder Maariw am Abend.

Die App öffnet sich dabei so, dass sie sich »über« den Bildschirm des Telefons oder Tablets legt und der Nutzer oder die Nutzerin sich voll auf den Text konzentrieren kann. Die Bedienelemente der App werden ausgeblendet, bis man sie tatsächlich benötigt. Der Vorbeter müsste lediglich den Text mit einem Wisch über den Bildschirm weiterblättern.

ÜBERSETZUNG ArtScroll indes bringt die ArtScroll-Übersetzung der Gebete mit und kann englische Anweisungen zeigen. Bei Koren gibt es sogenannte »Mods«, mit denen man die kostenfreie Variante des Siddurs erweitern kann. Es gibt einen hebräischen oder englischen Kommentar, Übersetzungen, Erzählungen oder vorbereitende Audiodateien. Diese kann man jeweils einzeln erwerben. Wer eine Übersetzung verwendet, kann zudem angeben, wie er sie sehen möchte. Es ist möglich, sie zu aktivieren, wenn man auf den hebräischen Text tippt, oder man kann Übersetzung und Original nebeneinander betrachten.

Wir werden Vorbeter mit Tablets sehen, zumindest an den Werktagen. Am Schabbat ist jedoch Pause und Zeit für das Wesentliche. Es ist selbstverständlich, dass die Apps die Gebete für den Schabbat nicht enthalten.

Die App von Koren ist kostenfrei, die Erweiterungen sind jedoch kostenpflichtig (um die 1,90 €). Die App von ArtScroll kostet etwa 10 US-Dollar. Beide sind in den App-Stores erhältlich.

Berlin/Potsdam

Zentralrat der Juden erwartet Stiftung für Geiger-Kolleg im Herbst

Zum Wintersemester 2024/25 soll sie ihre Arbeit aufnehmen

 26.07.2024

Potsdam

Neuer Name für das Abraham Geiger Kolleg bekannt geworden

Die Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner soll nach Regina Jonas benannt werden

 26.07.2024

Pinchas

Der Apfel fällt ganz weit vom Stamm

Wie es passieren konnte, dass ausgerechnet ein Enkel Mosches dem Götzendienst verfiel

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  26.07.2024

Talmudisches

Das Leben im Schloss

Was unsere Weisen über die Kraft des Gebetes lehren

von Vyacheslav Dobrovych  26.07.2024

Armeedienst

Beten oder schießen?

Neuerdings werden in Israel auch Jeschiwa-Studenten rekrutiert. Unser Autor ist orthodoxer Rabbiner und sortiert die Argumente der jahrzehntelangen Debatte

von Rabbiner Dovid Gernetz  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Ethik

Auf das Leben!

Was ist die Quintessenz des Judentums? Der Schriftsteller Ernest Hemingway hatte da eine Idee

von Daniel Neumann  19.07.2024

Balak

Verfluchter Fluch

Warum der Einsatz übernatürlicher Kräfte nicht immer eine gute Idee ist

von Rabbinerin Yael Deusel  19.07.2024

Talmudisches

Chana und Eli

Über ein folgenreiches Gespräch im Heiligtum

von Rabbiner Avraham Radbil  19.07.2024