Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußert sich angesichts der wachsenden Zustimmung zur AfD in den ostdeutschen Bundesländern besorgt. »Umfragewerte, die sich teilweise jenseits der 40-Prozent-Marke bewegen, müssen für jeden Demokraten ein Weckruf sein«, sagte Schuster der Jüdischen Allgemeinen. Im September kommenden Jahres finden in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt Landtagswahlen statt. Sollte dort künftig die AfD die Regierung stellen, bestehe laut Schuster »eine echte Gefahr für jüdisches Leben«.
Der Zentralratspräsident wirft der Partei vor, dass in ihr »Antisemiten und Rechtsextreme ihre Heimat gefunden« hätten. Die AfD sorge sich nur vordergründig um die Juden in Deutschland, sagt er: »Äußerungen zum Schutz jüdischen Lebens kommen von dieser Partei ausschließlich, um den eigenen Ressentiments gegen Muslime Ausdruck zu verleihen, um islamfeindliche Positionen moralisch zu legitimieren.«
Schuster erwartet »konstruktive Zusammenarbeit« der anderen Parteien
Schuster hofft mit Blick auf die Landtagswahlen im September, »dass die demokratischen Parteien endlich die konstruktive Zusammenarbeit zur Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme in den Fokus nehmen«. Sie müssten Antworten auf die drängenden politischen Fragen finden, »anstatt ständig über die AfD zu reden«. Der Zentralratspräsident erwarte »von CDU/CSU bis zu den Grünen, dass der Kompromiss wieder als etwas Positives gilt«. Denn dieser mache, so Schuster, »das Wesen der Demokratie« aus.
Mit seinen Aussagen erneuert Schuster eine Kritik an der AfD, die der Zentralrat und zahlreiche weitere jüdische Organisationen bereits 2018 in einer gemeinsamen Erklärung formuliert haben. In dem Papier wird die AfD als Partei bezeichnet, »in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben«. Die skeptische bis ablehnende Haltung der AfD gegenüber dem koscheren Schächten sowie der Beschneidung von Jungen wird von den Unterzeichnern als Infragestellung jüdischen Lebens in Deutschland gewertet.
Die AfD-Landesverbände in Ostdeutschland gelten als besonders radikal. Die AfD Thüringen wurde 2021 vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextrem« eingestuft, in den Jahren darauf kamen Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg hinzu. Im Mai dieses Jahres folgte schließlich die Einstufung der gesamten AfD als »gesichert rechtsextrem« und damit als verfassungsfeindlich. Die Partei klagt derzeit gegen diese Entscheidung. Den Vorwurf des Antisemitismus weist die AfD stets entschieden zurück.