Potsdam/Berlin

Neue Stiftung für Ausbildung von Rabbinern nimmt Arbeit auf

Die neue Stiftung des Zentralrats der Juden zur Rabbinerausbildung hat ihre Arbeit aufgenommen. Zweck der Nathan-Peter-Levinson-Stiftung sei die Gewährleistung einer akademisch hochwertigen und transparenten Ausbildung liberaler und konservativer Rabbinerinnen und Rabbiner sowie Kantorinnen und Kantoren, teilte der Zentralrat am Freitag in Berlin mit.

Die drei Seminare der Stiftung stehen damit in Konkurrenz zu dem vor 25 Jahren gegründeten Abraham-Geiger-Kolleg und zum Zacharias-Frankel-College in Potsdam.

Das Abraham-Geiger-Kolleg hat inzwischen 55 Absolventen zu jüdischen Geistlichen ordiniert. Bei der zwölften Ordinationsfeier wurden am Donnerstag in Berlin zwei Rabbinerinnen, drei Kantorinnen und drei Kantoren ordiniert.

Das Kolleg bekommt seit einiger Zeit keine öffentlichen Mittel mehr, weil der Zentralrat und die Zuwendungsgeber kein Vertrauen in die Trägerstruktur haben. Trägerin ist seit Anfang 2023 die Jüdische Gemeinde zu Berlin.

Lesen Sie auch

Das Abraham-Geiger-Kolleg klagt seit März in einem Eilverfahren vor dem Berliner Verwaltungsgericht auf eine Bewilligung der beantragten institutionellen Förderung für das Jahr 2024 durch das Bundesinnenministerium. In dem Verfahren geht es um rund 388.000 Euro Bundesmittel.

Eine Gerichtssprecherin sagte am Freitag in Berlin, das Verfahren sei in Bearbeitung. Mit einer Entscheidung sei nach derzeitigem Stand Mitte September zu rechnen. Die Dauer eines Eilverfahrens könne je nach Fall ganz unterschiedlich sein. Das Gericht sei gerade in Eilverfahren stets um Beschleunigung bemüht. (AZ: VG 26 L 65/24)

Der Zentralrat betonte, mit Beginn der Ausbildungstätigkeiten in Trägerschaft der Stiftung solle »eine lange Phase von Turbulenzen und Unsicherheit für die liberale und konservative Rabbiner- und Kantorenausbildung in Deutschland beendet werden«. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Mai 2022 sind die Diskussionen über diese Ausbildungsstätten nicht zur Ruhe gekommen.

Zentralratspräsident Josef Schuster betonte, es sei wichtig, dass die Studierenden Klarheit bekämen. »Die neue Ausbildung öffnet wichtige internationale Horizonte und Netzwerke innerhalb des liberalen und konservativen Judentums.«

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Land Brandenburg und die Kultusministerkonferenz begrüßte am Freitagmorgen den Start der neuen Stiftung.

In der neuen Stiftung sind den Angaben zufolge drei Ausbildungsseminare entstanden. Das nach der weltweit ersten ordinierten Rabbinerin benannte »Regina Jonas Seminar« übernehme die liberale Rabbinerausbildung, hieß es. Das »Abraham J. Heschel Seminar« sei für die konservative Masorti-Rabbinerausbildung, das »Louis Lewandowski Seminar« für die Kantorenausbildung zuständig.

Wie beim Abraham-Geiger-Kolleg und beim Zacharias-Frankel-College sei eine Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam geplant.

Die rabbinische Leitung des Jonas-Seminars hat Rabbiner Professor Yehoyada Amir übernommen; die des Heschel-Seminars Rabbiner Professor Bradley Artson.

Mitglieder im Kuratorium der Stiftung sind Rabbinerin Professorin Elisa Klapheck, Rabbiner Nils Ederberg von der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Rebecca Seidler (Jüdischer Liberal-Egalitärer Verband), Zentralratspräsident Josef Schuster, Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann und Professor Oliver Günther (Universität Potsdam).

Die Geschäftsführung der Stiftung (Stiftungsvorstand) hat Dmitrij Belkin übernommen. Stifter ist der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Die neue Stiftung ist nach dem liberalen Rabbiner Nathan Peter Levinson (1921-2016) benannt. Levinson studierte 1940 an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. 1941 ist ihm und seiner Familie in letzter Stunde die Flucht in die USA gelungen. Nach der Schoa kehrte er 1950 nach Deutschland zurück.

Lesen Sie mehr dazu in unserer nächsten Printausgabe.

Diplomatie

Bosnien: Diplomatischer Eklat um Nazi-Helm an deutschen UN-Vertreter

Vor 30 Jahren endete der Krieg in Bosnien und Herzegowina. Jetzt flammt die Debatte um die politischen Nachwehen von Neuem auf. Im Fokus eines skandalösen Angriffs steht ein deutscher UN-Politiker

 20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025