Boykott

»Zeit zu handeln«

Plakativ: Aufruf zum Boykott Foto: JA

Kein Konjunktiv, kein Anführungszeichen, nur dieser Satz: »Wirtschaftliche Maßnahmen gegen die Besatzungsmacht Israel sollen international eingeleitet werden.« Er findet sich in der Einladung zu einer Konferenz der Evangelischen Akademie Bad Boll. An diesem Wochenende, von Freitag bis Sonntag, soll unter dem Motto »Zeit zu handeln« über »Konsequenzen aus dem Kairos-Palästina-Dokument« gesprochen werden, das 16 palästinensische Christen 2009 formuliert haben. Ein »Hilferuf« sei dies, sagt Manfred Budzinski, Tagungsleiter in Bad Boll, »ein Papier, das wir sehr ernst nehmen«. Dort wird Israel angeklagt, es benutze berechtigten Widerstand »als Vorwand, die Palästinenser des Terrorismus zu bezichtigen«. Was Israel mache, sei »eine Politik, die Menschen vernichtet«.

Mailwechsel Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) in Stuttgart kritisiert die Tagung in Bad Boll scharf. Der Titel »Zeit zu handeln« zeige, dass es um den Boykott Israels gehe. Nein, das sei keine Parteinahme, betont Budzinski, man wolle nur darüber reden, und dass die Referenten einseitig ausgewählt seien, »liegt nicht an uns«. Einzige Jüdin ist Iris Hefets, Vertreterin der umstrittenen Gruppe »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«. Budzinski verweist auf »mehrmonatige Mailwechsel« mit dem Koordinierungsrat für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und mit dem Zentralrat der Juden, die abgesagt hätten.

Doch von der DIG käme ja ein Vertreter. Dieter Qualmann aus Oldenburg legt jedoch Wert darauf, nicht die Bundes-DIG zu vertreten. Zum Kairos-Papier sagt er: »Der Boykottaufruf, den es enthält, ist ein Skandal.« Bärbel Illi von der DIG Stuttgart kritisiert Qualmann dennoch: »Er wird in Bad Boll keinen großen Stich machen.« Schon vor einem Jahr hatten Illi und die DIG eine Tagung in Bad Boll bekämpft. Damals ging es um die Einladung eines Hamas-Ministers. Doch anders als vor einem Jahr fördert die Bundeszentrale für politische Bildung diesmal die Tagung. Die Akademie sei ein anerkannter Träger der Erwachsenenbildung und das Programm »kontrovers angelegt«, sagt ein Sprecher auf Anfrage.

Ob aber Themen wie Judentum oder Naher Osten in Bad Boll wirklich seriös erörtert werden, glauben immer weniger Beobachter. »Hat es Sinn, sich auch noch ei- nem solchen Gespräch zu stellen?«, fragt Dieter Qualmann, und gibt sich selbst eine vorläufige Antwort: »Ich möchte diesen Versuch noch wagen.«

Düsseldorf

Wolfgang Rolshoven mit Josef-Neuberger-Medaille geehrt

Mit der Auszeichnung würdigte die Jüdische Gemeinde Rolshovens jahrzehntelanges Engagement für jüdisches Leben und seinen entschlossenen Einsatz gegen Judenhass

 31.10.2025

Berlin/München

Nach Terror-Skandal beim ZDF: ARD überprüft Mitarbeiter in Gaza

Alle in Gaza tätigen Mitarbeiter hätten versichert, keinerlei Nähe zu Terrororganisationen zu haben, sagt der zuständige Bayerische Rundfunk

 31.10.2025

Nürnberg

»Nie wieder darf Hass die Oberhand gewinnen«

Kongressabgeordnete aus Washington D.C., Touristen aus China und Geschichtsinteressierte aus Franken: Das Interesse an den Nürnberger Prozessen ist 80 Jahre nach dem Start des historischen Justizereignisses ungebrochen

von Michael Donhauser  31.10.2025

Ankara

Offene Konfrontation zwischen Erdogan und Merz über Israel und Gaza

Eigentlich wollte der Bundeskanzler bei seinem Antrittsbesuch neue Harmonie in die deutsch-türkischen Beziehungen bringen. Bei einer Pressekonferenz mit mit türkischen Präsidenten kommt es stattdessen zur offenen Konfrontation

von Anne Pollmann, Michael Fischer, Mirjam Schmitt  31.10.2025

Jerusalem/Düsseldorf

Yad Vashem will beim Standort in Deutschland eine schnelle Entscheidung

In Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Sachsen soll erstmals außerhalb Israels ein Bildungszentrum zum Holocaust entstehen. Die Entscheidung soll zügig fallen

 31.10.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  31.10.2025

Halle

»Hetze gegen Israel«: Rektorin der Uni Halle gibt Fehler zu 

Die Veranstaltung an der (MLU) fand unter dem Titel »Völkermord in Gaza« statt

 30.10.2025

Bayern

Jüdischer Landesverband kritisiert Dehler-Preis für Imam Idriz scharf

Kritisch äußert sich der Verbandspräsident Josef Schuster insbesondere zu Äußerungen des Imams in Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza

 30.10.2025

Russland

Moskaus Kalkül

Warum der Kreml wenig Interesse daran hat, dass der US-Friedensplan für den Gazastreifen funktioniert

von Alexander Friedman  30.10.2025