Streaming

Wie Bollywood und Amazon Prime den Holocaust verharmlosen

Foto: picture alliance / NurPhoto

»Wir alle sind ein wenig wie Hitler, oder?« fragt Nisha in Bawaal, einem Liebesfilm aus Bollywood, der indischen Variante von Hollywood. Die Aussage fällt ausgerechnet in der Gedenkstätte Auschwitz. Nun gibt es deutliche Kritik.

Der Lehrer Ajay, gespielt von Varun Dhawan, und seine Frau Nisha, die von der Darstellerin Janhvi Kapoor verkörpert wird, wollen einander annähern - und zwar auf einer Europa-Reise. Die unter Epilepsie leidende Schönheit und ihr gerade erst geehelichter Romeo bereisen Stätten des Zweiten Weltkrieges, beziehungsweise solche, die direkt mit dem Holocaust zusammenhängen. Der Regisseur fand diese Kulissen offenbar romantisch.

Konfliktszenen Schon im Trailer zu Bawaal sind problematische Zitate zu hören. Das Paar kommt mit dem ICE nach Berlin. Der Kommentar von Ajay: »Endlich haben wir Hitlers Stadt erreicht.« Dann vergleicht Regisseur Nitesh Tiwari die Bemühungen der beiden Charaktere, sich emotional anzunähern, mit dem Krieg, indem er sterbende Soldaten in Schwarz-Weiß zwischen eheliche Konfliktszenen einbaut.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dann folgt das Zitat von Nisha. Sie sagt auch, warum alle »ein wenig wie Hitler« seien: »Wir sind nie zufrieden mit dem, was wir haben. Wir wollen, was andere haben.« In einer Version des Trailers sagt ein Darsteller: »Jede Beziehung geht durch ihr eigenes Auschwitz.«

Die offensichtliche Verharmlosung des Holocaust in dem indischen Film, der eine Liebeskomödie sein will, führt jetzt zu heftiger Kritik. »Wenn die schamlosen Produzenten des Films eine solche Empörung nutzen wollten, um PR für ihren Film zu machen, dann hatten sie Erfolg«, erklärte das Simon Wiesenthal Center (SWC) in Los Angeles. »Sie müssen diese ultimative Verharmlosung des Leidens und der systematischen Ermordung von Millionen Opfern des Holocaust sofort beseitigen. Andernfalls sollte Amazon Bawaal aus seinem Dienst streichen. Eine Schande!«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Trivialisierung »Auschwitz ist keine Metapher. Es ist der Inbegriff der Fähigkeit des Menschen, Böses zu tun«, erklärte Rabbi Abraham Cooper, der Direktor für Global Social Action beim SWC. Der Film trivialisiere und erniedrige die Erinnerung an sechs Millionen ermordete Juden und Millionen andere, die unter Hitlers Völkermordregime gelitten haben.

»Amazon Prime sollte aufhören, Bawaal zu monetarisieren, indem es diese banale Verharmlosung des Leidens und der systematischen Ermordung von Millionen Opfern des Nazi-Holocaust sofort beseitigt«, so Rabbi Cooper.

Auch Filmkritiker sehen erhebliche Probleme mit Bawaal. Der britische Guardian nannte den Bollywood-Streifen »spektakulär geschmacklos«. In derselben Publikation verteidigte Nitesh Tiwari seinen Film. Er habe nie die Absicht gehabt, unsensibel zu sein, so der Regisseur.

Den Hintergrund der Geschichte des Zweiten Weltkriegs habe er genutzt, um dem indischen Publikum etwas Neues zu zeigen. »Ich bin ein wenig enttäuscht darüber, wie manche Leute es verstanden haben«, sagte er in einem anderen Interview.

Bawaal ist nicht der erste indische Liebesfilm mit Hitler-Bezug. Vor einigen Jahren wurde Hero Hitler in Love von Babbu Maan veröffentlicht.

9. November

Erinnerung ohne Empathie ist leer

Wenn Deutschland am Sonntag der Pogromnacht gedenkt, darf Erinnerung nicht nur rückwärtsgewandt sein. Sie muss auch die Angst der Juden von heute im Blick haben

von Tobias Kühn  08.11.2025

Urteil

Betätigungsverbot für israelfeindlichen Aktivisten war rechtswidrig

Ghassan Abu-Sittah, der der israelischen Armee vorwirft, vorsätzlich Kinder zu töten, hätte auf dem »Palästina-Kongress« sprechen dürfen

 08.11.2025

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  08.11.2025

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten besetzen ZDF-Hauptstadtstudio

Die Polizei musste die Besetzung beenden

 07.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Berlin

Sarah Wedl-Wilson räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

Wurden Gelder für Projekte gegen Antisemitismus rechtswidrig verteilt? Das werfen Grüne und Linke der Kultursenatorin vor. Nun äußert sie sich

 07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Antiisraelischer Beschluss

Linken-Spitze distanziert sich von Parteijugend

Die Linksjugend Solid wirft Israel unter anderem einen »kolonialen und rassistischen Charakter« vor – und löst in der Partei Empörung aus

 06.11.2025