Diplomatie

»Vollkommen inakzeptabel«

Dietmar Köster zu israelischen Annexionsplänen, EU-Sanktionen und Deutschlands Rolle als Vermittler

von Michael Thaidigsmann  18.06.2020 06:11 Uhr

Dietmar Köster Foto: Getty Images

Dietmar Köster zu israelischen Annexionsplänen, EU-Sanktionen und Deutschlands Rolle als Vermittler

von Michael Thaidigsmann  18.06.2020 06:11 Uhr

Herr Köster, einige EU-Staaten haben die Annexionsgspläne der israelischen Regierung im Westjordanland scharf kritisiert. Muss Israel jetzt mit Sanktionen rechnen?
Ich hoffe nicht. Ich werde weiterhin dagegen arbeiten. Sanktionen stärken nur die antiisraelischen Kräfte in der Region wie den Iran oder die Hisbollah. Die Annexionspläne von Netanjahu und Trump lehne auch ich ab. Frieden und eine Zweistaatenlösung sind nur möglich, wenn die Palästinenser einbezogen werden. Die müssen sich aber auch bewegen, ihre Verweigerungshaltung ist kontraproduktiv.

Wie ist die Stimmung im EU-Parlament?
Einige Abgeordnete wollen fatalerweise durch die Verschiebung des Luftverkehrsabkommens ein Warnsignal an Israel senden. Auch aufgrund der besonderen Sicherheitslage sind Sanktionen, Boykott oder was auch immer vollkommen inakzeptabel. Wir haben so viele Abkommen über den Luftverkehr in der Welt mit Staaten, die diktatorisch regiert sind. Soweit ich weiß, ist Israel der einzige Staat, dem wir drohen, ein solches Abkommen auszusetzen. Hier werden eindeutig doppelte Standards angewendet und so die Tür für Antisemitismus geöffnet.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat indirekt Israels Vorgehen mit dem Russlands auf der Krim gleichgesetzt. Ein passender Vergleich?
Ich schätze Asselborn als vernünftigen Politiker. Aber die Schlussfolgerungen, die er aus seinen Vergleichen zieht, halte ich für völlig unzutreffend. Die geopolitische Lage in Osteuropa ist eine ganz andere als die im Nahen Osten.

Welche Haltung sollte Deutschland bei diesem Thema in Brüssel einnehmen?
Heiko Maas hat es bei seinem Besuch in Israel verdeutlicht: Aufgrund seiner historischen Verantwortung kann sich Deutschland auf keinen Fall an Sanktionen gegen Israel beteiligen. Auch andere EU-Staaten halten wenig von dieser konfrontativen Linie. Ich sehe nicht, wie man da Einstimmigkeit herstellen kann.

Welche Impulse erhoffen Sie sich von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft?
Die EU muss mit Israel solidarisch sein. Die Aktivitäten der terroristischen Hisbollah sollten europaweit verboten werden. Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten. Es schützt die Rechte von Minderheiten und kann da anderen Staaten in der Region Vorbild sein. Ich würde mir zudem wünschen, dass es bald ein EU-Gipfeltreffen mit Israel gibt, auf dem über die Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen gesprochen wird. Davon könnten beide Seiten profitieren.

Sehen Sie Deutschland als potenziellen Vermittler im Nahostkonflikt?
Wenn es bei beiden Konfliktparteien die Bereitschaft dazu gibt, ja.

Mit dem SPD-Europaabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen sprach Michael Thaidigsmann.

Abkommen

Vereinbarung über Kauf von Israels Raketenabwehrsystem in Berlin

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sowie sein israelischer Amtskollege Joav Galant werden am Donnerstag ihre Unterschriften leisten

 26.09.2023

NS-Zeit

Studie: Gründer von Heckler & Koch stellte sich in den Dienst der Nazis

Was die späteren Unternehmer im Krieg taten, war lange Zeit ein unbeschriebenes Blatt

von Wolf von Dewitz  26.09.2023

Falsche Gemeinden

Der Oberrabbiner von Parchim

Personen aus der Szene der Reichsbürger haben in den letzten Jahren immer wieder vermeintliche Jüdische Gemeinden gegründet. Was genau dahinter steckt, bleibt zumeist im dunkeln

von Julian Feldmann  26.09.2023

Recht

Umgang mit Antisemitismus: Generalstaatsanwalt kritisiert die deutsche Justiz

Im Kampf gegen Judenhass müssten »rote Linien« gezogen werden, so Frank Lüttig

 26.09.2023

Bayern

Freie Wähler-Politiker entschuldigt sich für antisemitische Kommentare

Der FW-Direktkandidat Markus Saller löschte nun sein »X«-Konto

 25.09.2023

Kanada

Eklat um SS-Veteran bei Selenskyj-Besuch

Parlamentspräsident Rota würdigte einen ukrainischen SS-Mann. Er entschuldigte sich nun

 25.09.2023

Nordhausen

AfD-Erfolgsserie bricht ab

Die rechtsradikale Partei strebte ihr drittes bedeutendes kommunales Amt an. Es klappte nicht

 25.09.2023

Bürgermeisterwahl

Beauftragter gegen Judenhass warnt vor AfD-Erfolg in Nordhausen

Die Bedeutung der Wahl gehe über die thüringische Stadt hinaus, so Felix Klein

 23.09.2023

Österreich

Ex-Kanzler Kurz im Scheinwerferlicht

Vor dem Gerichtsprozess gegen den Ex-Kanzler werben drei Filme um Aufmerksamkeit

 23.09.2023